Sie gilt als warmherzig und hat eine wilde Vergangenheit: Mette-Marit ist das beliebteste Mitglied des Königshauses. Nun hat sie eine unheilbare Lungenkrankheit – und ganz Norwegen bangt um das Leben der zukünftigen Königin.

Oslo - Das Publikum in der Oper erhob sich geschlossen von den Stühlen und applaudierte, als die norwegische Kronprinzessin Mette-Marit (45) den Saal betrat. Die Vergabe des Literaturpreises in Oslo war ihr erster offizieller Auftritt außerhalb des Schlosses, nachdem sie ihre lebensbedrohende Lungenkrankheit bekannt gegeben hatte.

 

Etwa eine Woche ist das nun her: An der Seite von ihrem Ehemann und Königssohn Haakon (45) und dem Leibarzt trat Mette-Marit, das beliebteste Mitglied des norwegischen Königshauses, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auf. Sie habe seit einiger Zeit gesundheitliche Probleme, sagte sie. Nach vielen Tests wüsste sie nun, warum: Lungenfibrose nennt sich die bislang unheilbare Erkrankung, bei der die Lunge zunehmend vernarbt. Es komme zu Kurzatmigkeit, Husten und Atemnot, so der Leibarzt – und irgendwann zum Erstickungstod. Beruhigungsmittel sollen im Endstadium die Angst lindern. Häufig sterben Patienten nur wenige Jahre nach der Diagnose.

Doch es gibt auch Hoffnung: Durch neue Medikamente kann der Krankheitsverlauf deutlich verlangsamt werden. Auch eine Lungentransplantation könnte Mette-Marit helfen. Ein Team aus internationalen Spezialisten soll sich nun um sie kümmern.

Der Arzt der Kronprinzessin schließt externe Ursachen für die Erkrankung aus

Was die Ursache für die unheilbare Erkrankung ist, ist nicht geklärt. Während die Lebensführung gemeinhin als Teilfaktor angesehen wird, schließt Mette-Marits Leibarzt „externe Faktoren“ bei der Kronprinzessin ausdrücklich aus. Wohl auch, weil er die Geschichte von Mette-Marits wilder Vergangenheit mit Partys, Drogen, Alkohol und Zigaretten kennt. Stattdessen soll eine Autoimmunerkrankung die Ursache sein.

Die Anteilnahme der Norweger jedenfalls ist gewaltig. Mette-Marit verkörpert für viele den Traum von einer chancengleichen Gesellschaft, in der es jeder von ganz unten bis nach ganz oben schaffen kann. Nun fragen sich viele: Wird sie lange genug leben, um Königin zu werden? Zumal Mette-Marit neben den etwas steifen Schwiegereltern König Harald und Königin Sonja und deren kantigem Kronprinzen Haakon als gefühlvoller, warmer Geist am Hofe gilt. Zum Beispiel, weil sie auch in der Öffentlichkeit weint – etwa bei Hochzeiten .

Ihr eigenes Schicksal nimmt die Kronprinzessin offenbar gelassen. Zumindest erweckte sie bei ihren Auftritten diesen Eindruck: Es sei eine „große Erleichterung“, endlich zu wissen, was los ist. Die Erkrankung werde ihre „Arbeitskapazität beeinflussen“, sie werde „öfter nicht da sein“.

Die Lungenfibrose ist nicht der erste Schicksalsschlag, mit dem Mette-Marit zu kämpfen hat. Sie leidet an Bandscheibenproblemen und an chronischen Schwindelanfällen.

Für das „Ausschweifende“ in ihrer Jugend habe sie teuer bezahlt

Aufgewachsen ist Mette-Marit als Tochter eines inzwischen verstorbenen, alkoholkranken Journalisten und einer Bankangestellten. Die beiden ließen sich scheiden, als sie elf war. Nach dem Abitur in Südnorwegen zog Mette-Marit nach Oslo. Dort feierte sie mit Alkohol und Drogen, ließ keine Party aus, wie sie selbst später zugab. „Mein Jugendaufstand war um einiges stärker als der vieler anderer. Wir lebten ausschweifend“, sagte sie vor ihrer Hochzeit mit dem norwegischen Kronprinzen 2001. Es sei für sie wichtig gewesen, sich dem zu widersetzen, was akzeptiert war. Das „Ausschweifende“ habe sie später „teuer bezahlt“. Es habe lange gedauert, über diese Zeit hinwegzukommen, warnte sie Jugendliche.

Sohn Marius (21) aus früherer Ehe bekam sie mit 23, zog ihn alleine auf, bis sie ihn mit ins Schloss brachte. Die Beziehung zum Vater, der für Drogendelikte zu zwei Jahren Knast verurteilt wurde, ging schnell in die Brüche. Doch bei einem Musikfestival entschied sich der adrette Kronprinz für die alleinstehende Mutter, die damals schon auf die dreißig zuging. Die Norweger und auch das Königshaus zeigten sich ihr gegenüber erst ablehnend, dann entzückt. „Du bist keine gewöhnliche junge Frau, sondern du bist ein außergewöhnlicher Mensch“, sagte König Harald bei der Hochzeit von Mette-Marit und Haakon. Und weiter: „Du bist außergewöhnlich aufgeschlossen und ehrlich, außergewöhnlich engagiert, du hast eine große Willensstärke, du bist sehr mutig.“ 2004 und 2005 kamen die Kinder, Thronfolgerin Ingrid (14) und Sverre (12). Vor acht Jahren nahm die Kronprinzessin die Kinder mit auf eine zweimonatige Weltreise – ganz ohne Kameras.

Heute setzt Mette-Marit sich stark gegen die Diskriminierung von HIV- und geistig kranken Menschen ein, ebenso wie für andere Minderheiten. Ahnlich wie ihr Mann. Dass es zwischen den beiden auch sonst gut passt, verraten viele liebevolle Gesten in der Öffentlichkeit. Kronprinz Haakon blickt nun nach vorne: „Die Prognose ist positiv“, sagte er in einem Interview. „Wir haben gute Tage vor uns.“ Die große Unterstützung wird Mette-Marit wohl helfen, mit dem ungewissen Ausgang der Krankheit umzugehen. „Ich muss lernen, mit der Unsicherheit zu leben.“