Wegen der geplanten Schließung von Notfallpraxen haben sich 13 betroffene Städte zusammengeschlossen und Klage beim Sozialgericht in Stuttgart eingereicht – darunter ist auch Backnang.
Der Streit um die geplante Schließung von 18 Notfallpraxen im Südwesten beschäftigt jetzt auch die Justiz. Nach Unterschriftenlisten, Protestbriefen und Kundgebungen haben mehr als ein Dutzend betroffene Städte, darunter auch Backnang, nach eigenen Angaben eine gemeinsame Klage beim Sozialgericht in Stuttgart eingereicht. Sie seien nicht grundsätzlich gegen die Schließung von Notfallpraxen im Rahmen eines landesweiten Standortkonzepts, teilten die 13 Kommunen mit. Sie wehren sich nach eigenen Angaben aber, weil sie nicht in die Planungen eingebunden und ausreichend informiert worden sind.
Der ärztliche Bereitschaftsdienst in den Notfallpraxen hilft weiter, wenn der Hausarzt nicht geöffnet hat – etwa bei einer schweren Erkältung oder starken Bauchschmerzen.
Vor vollendete Tatsachen gestellt
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) will in 18 Praxen Schritt für Schritt bis November den Betrieb einstellen. Die ersten drei Praxen in Bad Saulgau, Kirchheim unter Teck und Neuenbürg sollen ab April schließen. Die restlichen Standorte sollen Ende Juni, Ende Juli, Ende September und Ende Oktober geschlossen werden. Verbleibende Praxen sollen teils mehr Kapazitäten und verlängerte Öffnungszeiten erhalten. Künftig soll laut der KVBW im Land gelten, dass 95 Prozent der Patienten innerhalb von 30 Fahrminuten eine Notfallpraxis erreichen sollen, alle anderen innerhalb von maximal 45 Minuten. Zudem sei vorgesehen, dass es nur noch Standorte in Verbindung mit einem Krankenhaus mit Notaufnahme gibt.
Die Städte seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden, kritisierte Ettlingens Oberbürgermeister Johannes Arnold (parteilos). Der Informationsfluss zu den genauen Kriterien und Gründen für die Entscheidungen sei bis heute unzureichend. „Wir hätten uns eine rechtzeitige und ergebnisoffene Einbindung in die Strukturüberlegungen der KVBW gewünscht“, sagte Müllheims Bürgermeister Martin Löffler (SPD), einer der Initiatoren der Klage.
„Mit nur noch einer verbleibenden Notfallpraxis für den gesamten Landkreis wäre die Versorgungslage im Rems-Murr-Kreis landesweit am schlechtesten und auch im regionalen Vergleich innerhalb der Region Stuttgart ein absolutes Negativbeispiel als bevölkerungsreicher und flächengroßer Landkreis“, argumentiert Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich gegen die geplante Schließung. „Dies wiegt umso schwerer, da im Zuge der schmerzhaften Klinikschließung die klare Zusage zum dauerhaften Erhalt der Notfallpraxis am Standort Backnang gegeben wurde. In der Bevölkerung regt sich zu Recht heftiger Widerstand gegen diesen beispiellosen Kahlschlag.“
„Pläne völlig inakzeptabel“
Die Klage richte sich nicht grundsätzlich gegen eine Reform des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, „sondern gegen die intransparente Vorgehensweise und gegen die Schließung der Notfallpraxis, die wir aufgrund des großen örtlichen Bedarfs entschieden ablehnen“, so der Backnanger Oberbürgermeister weiter. „Die Pläne sind in der derzeit vorliegenden Form völlig inakzeptabel und müssen gestoppt werden. Was es jetzt braucht, ist ein Moratorium, um den Planungsprozess komplett neu aufzurollen und Betroffene zu Beteiligten zu machen, um über mögliche Alternativlösungen ins Gespräch zu kommen.“