Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Seit Dienstag sind Ärzte vor Ort. Vorher musste wiederholt der ärztliche Notdienst kommen: allein zehn Mal am Sonntag und acht Mal am Montag. Auch die Notaufnahme des Katharinenhospitals suchten die Flüchtlinge aus der Schleyerhalle auf. „Wir sind am Wochenende und am Montag in der INA regelrecht überrannt worden“, sagt Stephan Rauscher – und zwar von lauter Patienten, die nicht ins Krankenhaus, sondern in eine Hausarztpraxis gehört hätten. Deshalb hätten sie entschieden, die Sprechstunde einzuführen. Viele der Patienten, die kommen, haben Beschwerden aufgrund älterer Verletzungen. Doch nur bei akuten Notfällen können sie etwas tun. 19 Patienten versorgt das Team am Donnerstag. Zahn-, Halsschmerzen und grippale Infekte sind am häufigsten. „Das ist einfach eine krankmachende Situation da unten“, meint Monika Münch-Steinbuch.

 

In der Halle, in der die Flüchtlinge schlafen, stehen die Betten eng in Gruppen zusammen. Die Syrer schlafen rechts, die Pakistanis in der Mitte. Die Stockbetten reichen einem Mann bis zur Hüfte. Glücklich ist, wer einen Platz oben ergattert hat. Nachts wird es kalt. Schlafsäcke haben alle bekommen, doch keine Kissen. Viele legen ihre Köpfe auf eine Tüte, in die sie ihre Kleidung stecken. Auch Ali macht das so, ein Mathematiklehrer aus Pakistan. „Ich friere nachts, aber das ist unwichtig, das Management vor Ort ist sehr gut. Wichtig ist, dass wir registriert werden“, sagt er. Erst dann sind sie legal hier und haben Ansprüche, zum Beispiel auf ein Taschengeld. „Wir sind sehr deprimiert, dass es nicht voran geht“, sagt Ali. Eine Botschaft, die auch ungefähr zwanzig weitere loswerden wollen, die einen sofort umringen, wenn man die Halle betritt. Als er aus Karlsruhe weggefahren sei, sei ihm gesagt worden, er werde in Stuttgart registriert, behauptet ein Syrer, der sich Hassan nennt. Vielleicht hat er sich verhört, man weiß es nicht. Hassan spricht geschliffenes Englisch. Er habe ein Stipendium des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts ergattert und hätte sein Masterstudium in München anfangen sollen, sagt er. Doch in Jordanien habe er das Visum nicht bekommen, deshalb sei er jetzt als Flüchtling hier. So hat jeder im Raum seine tragische Geschichte zu erzählen. Khaleed, ein Syrer mit blondem Haar, zieht sein Handy aus der Tasche, zeigt das Bild eines blonden Mädchens. „Das ist meine Tochter, ich will sie und meine Frau zu mir holen, ich brauche die Registrierung.“

Flüchtlinge werden am nächsten Donnerstag verlegt

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass in Stuttgart keine Registrierung vorgenommen werden könne, weil die Infrastruktur dafür fehle, betont die Sprecherin des Regierungspräsidiums. Es geht um wenige Tage, die sie noch durchhalten müssten: Am Donnerstag, 27. August, würden die Flüchtlinge in eine Erstaufnahmestelle verlegt. Wann sie dort registriert werden, ist offen.