Das Novemberwetter in Stuttgart ist viel zu trocken, die Flocken zum Herbstfinale fallen nur optisch und wegen rutschender Autos auf.

Stuttgart - Man sollte ja bestrebt sein, in allen Dingen nach der guten Seite zu suchen. Beim November fällt das echt schwer. Gut, man sieht die schlecht gelaunten Gesichter morgens an der Haltestelle nicht, weil es noch dunkel ist. Aber sonst? Das Wetter fördert in aller Regel depressive Verstimmungen, der Nebel lässt den Grunge-Bengel von nebenan tatsächlich ein wenig gefährlich wirken, Laubbläser nerven, Vitamin D, Heizöl und Black-Sabbath-Sampler werden teurer, und ein kehrwochenkorrekter Kandel ist Dauerarbeit, weil stündlich Laub (schwäbisch: Dreck) von Bäumen fällt, das dann auch noch zäh am Asphalt pappt. Kurzum – November braucht kein Mensch, zumindest nicht wettertechnisch. Und das gilt besonders für dieses Jahr: „Der November 2021 war zu kalt, zu trocken und sehr trüb“, fasst Andreas Pfaffenzeller die Daten der Messstation des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Schnarrenberg zusammen. Er ergänzt: „Es war also ein November, wie man ihn sich vorstellt.“

 

Der November war ein kühler Trauergesell

Stimmt, und das krasse Gegenteil zu dem vor einem Jahr. Da gab es im letzten Herbstmonat bestes Biergartenwetter, aber das brachte nichts, weil Lockdown war. Und er begann mit einem Rekord. Am 1. November 2020 wurde mit 22,0 Grad die bisherige Höchstmarke aus dem Jahr 1968 (21,4 Grad) übertroffen. Auch die 137,6 Sonnenstunden vor einem Jahr markieren die statistische Spitzenposition seit Aufzeichnungsbeginn 1951. Dagegen war der aktuelle November ein kühler Trauergesell. Gerade mal 48,5 Stunden Sonne gab es gegen den Herbstblues. Das sind fast 90 Stunden weniger als 2021 und auch nur etwa zwei Drittel eines normalen Novembers, der ja eh schon recht dunkel ist. Zusammen mit den ständig steigenden Coronazahlen ein echter Stimmungskiller also.

Ölheizung als Geldverbrenner

Dazu war es in Stuttgart auch ziemlich kühl: Die Durchschnittstemperatur von 4,3 Grad lag verglichen mit dem langjährigen Mittelwert von 1961 bis 1990 um 0,4 Grad zu tief. Nimmt man den neuen Mittelwert von 1991 bis 2020, in dem der Klimawandel ja schon sichtbar wird, sind es satte 1,6 Grad und verglichen mit dem Rekord von 2020 sogar 2,6 Grad. Wer mit Öl heizt, sieht die Euro derzeit nur so wegbrennen, weil er mehr Energie braucht, und die ist gut 80 Prozent teuer als vor einem Jahr.

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Auch wenn man es nach dem nassen Finale kaum glauben mag – der November war auch wieder einmal deutlich zu trocken. Am Schnarrenberg wurden knapp 30 Liter Niederschlag gezählt, das sind nur etwa 60 Prozent des Normalwerts. Schnee wurde übrigens keiner gemessen, auch wenn der am Abend des 28. November in vielen Teilen der Stadt ganz real den Verkehr behinderte. Pfaffenzeller erklärt das so: „Für die klimatologische Statistik wird die Schneehöhe nur einmal am Tag morgens um sechs Uhr ermittelt. Und da war am 29. am Schnarrenberg nichts zu messen. Für Vorhersagen und Verkehrswarnungen nehmen wir aber an vielen Messpunkten teils stündlich Werte und nutzen auch Webcams.“ Der letze sozusagen klimatologisch erfasste Schnee im Spätherbst fiel übrigens am 30. November 2017.

Noch keine Tendenz für Weihnachten

Mit dem November endete auch der meteorologische Herbst in Stuttgart. Und der war von der Temperatur her eher unauffällig – das heißt, nach dem neuen Mittelwert (1991–2020) 0,1 Grad zu kalt, nach dem alten (1961–1990) 0,7 Grad zu warm.

Beim Niederschlag setzte sich allerdings die Trockenheit der vergangenen Jahre fort und verstärkte sich sogar noch. Mit nur knapp 77,2 Litern pro Quadratmeter seit dem 1. September war der Herbst viel zu regenarm. Trockener waren seit 1951 nur der Herbst 1962 mit 66,2 Liter und der 2019 mit 71,0 Liter Niederschlag.

Dafür startete der Dezember durchaus immer mal wieder nass. Ob künftig wieder Schnee am Schnarrenberg messbar wird, ist offen. Im Moment sieht es nur nach ein paar Schneeschauern aus. Und falls jemand fragt: Für Weihnachten ist noch alles offen.