Der Unterensinger Hermann Höss geht nach Kriegsende in die DDR. Doch die Anfangseuphorie verfliegt. Die Nürtinger Gedenkinitiative erinnert jetzt an das Leben des ehemaligen KZ-Häftlings.

Nürtingen - Hermann Höss musste von 1940 an in den Steinbrüchen des KZ Buchenwald als Bauschreiner schuften. „Diese Arbeit galt als die härteste“, schreibt die Autorin Iris Raupp von der Gedenkinitiative für die Opfer und Leidtragenden des Nationalsozialismus in Nürtingen. Die Initiative erinnert jetzt gemeinsam mit der Stadt Nürtingen am Denk-Ort vor der Kreuzkirche an das Leben des Kommunisten Hermann Höss.

 

In Stuttgart zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt

In Unterensingen aufgewachsen, absolvierte er eine Lehre als Zimmermann. Danach arbeitete er als Möbelschreiner in Reutlingen. Hermann Höss war bei den Roten Bergsteigern – eine Ernst Thälmann und Leo Trotzki nahestehende KPD-Widerstandsgruppe, die im Dritten Reich aus der Arbeiterbewegung und Naturfreunden entstanden war. 1933 kam Hermann Höss im Alter von 24 Jahren im KZ Heuberg in „Schutzhaft“.

Wegen „fortgesetzter Untergrundtätigkeit“, hat Iris Raupp herausgefunden, wurde er 1935 erneut verhaftet. Anderthalb Jahre lang nahm die Polizei Hermann Höss in der Untersuchungshaft im Hotel Silber in Stuttgart in die Mangel. Der Unterensinger, dessen Mutter Rosina Schäfer aus dem Rössle in Wolfschlugen stammte, wurde schließlich vom Oberlandesgericht Stuttgart 1937 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Das „Moorsoldaten-Lied“ wird zur Hymne des Widerstands

Als politischer Häftling musste Hermann Höss von 1937 bis 1940 Zwangsarbeit in den Emsland-Lagern bei Papenburg leisten. „1933 war dort das ,Moorsoldaten-Lied‘ entstanden. Es wurde zur Hymne des NS-Widerstands, in Spanien das Lied der Internationalen Brigade, in Frankreich das Lied der Résistance“, erklärt Iris Raupp von der Gedenkinitiative.

Dann folgte das Martyrium im KZ Buchenwald vor den Toren Weimars. „Viele Gefangene wurden ermordet oder starben an den unmenschlichen Bedingungen und medizinischen Versuchen. Sowjetische Kriegsgefangene wurden sofort erschossen“, hat Iris Raupp recherchiert.

Der Kommunist Hermann Höss tritt nicht in die SED ein

Hermann Höss aber überlebte den nationalsozialistischen Horror. Am 11. April stießen Einheiten der 3. US-Armee bis Weimar vor. Häftlingen des geheimen Widerstands gelang es, das Lager von innen zu öffnen. Diese Geschehnisse wurden später von Bruno Apitz in dem Roman „Nackt unter Wölfen“ verarbeitet, der zur Pflichtlektüre und zum Gründungsmythos der DDR wurde.

Hermann Höss wurde Bürger der DDR und gründete eine Familie in Bad Sulza. Die Anfangseuphorie teilte er zwar, in die SED trat er aber nicht ein. Den Bau der Mauer befürwortete er nicht. „Wie die das umsetzen, entspricht nicht unseren Idealen“, zitiert Iris Raupp den Zimmermann, der auch nach dem Mauerbau Kontakt in seine alte Heimat hielt. Hermann Höss arbeitete weiter in den Steinbrüchen, hielt sich aber aus der Politik heraus. Doch habe er seinen Kindern noch oft das „Moorsoldaten-Lied“ vorgesungen. Mit 61 Jahren starb er an Herzversagen.