Werke von Theodor Christoph Schüz und Samuel van Hoogstraten gehen wieder an die Familie des jüdischen Juristen Michael Berolzheimer.

Stuttgart - Die Staatsgalerie Stuttgart gibt zwei Zeichnungen aus ihrer Sammlung an die rechtmäßigen Erben zurück. Bei den Zeichnungen, die sich aktuell im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart befinden, handelt es sich um Werke des schwäbischen Spätromantikers Theodor Christoph Schüz (1830-1900) und des niederländischen Malers und Radierers Samuel van Hoogstraten (1627-1678). Sie gehörten zur Sammlung des jüdischen Juristen Dr. Michael Berolzheimer (1866-1942). Der angesehene Geschäftsmann und Kunstsammler emigrierte 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft mit seiner Familie in die USA. Seine umfangreiche Kunstsammlung verblieb jedoch in Deutschland und wurde 1938 und 1939 im Auktionshaus Adolf Weinmüller in München versteigert. Die Familie Berolzheimer hatte keinerlei Zugriff auf die Verkaufserlöse.

 

Johanna Poltermann, Provenienzforscherin an der Staatsgalerie, ermittelte die Herkunft der Werke gemeinsam mit ihrer Vorgängerin Dr. Anja Heuß und konnte einen NS-verfolgungsbedingten Entzug zweifelsfrei nachweisen. Aufgrund eines 2018 erhaltenen Restitutionsanspruches aus den USA vom Holocaust Claims Processing Office (HCPO), welches die Erben vertritt, begannen die Recherchen, in deren Verlauf proaktiv eine zweite Zeichnung aus dem ehemaligen Eigentum von Michael Berolzheimer als NS-Raubgut identifiziert werden konnte.

Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst: „Ich freue mich, dass es der Staatsgalerie Stuttgart durch intensive Provenienzforschung gelungen ist, mit der Hoogstraten-Zeichnung ein weiteres geraubtes Werk aus der Sammlung Berolzheimer ausfindig zu machen, das wir nun ebenfalls zurückgeben können. Dies macht deutlich, dass die Staatsgalerie Stuttgart und das Land Baden-Württemberg die Rückgabe von NS-Raubgut umfassend und nachhaltig betreiben und nicht erst tätig werden, wenn entsprechende Anträge der Erben vorliegen.“

Die Zeichnung des schwäbischen Romantikers Schüz soll zurückgekauft werden

Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie: „Es ist für uns selbstverständlich, auf Grundlage der Washingtoner Prinzipien von 1998 eine gerechte und faire Lösung im Einverständnis mit den Erben nach Michael Berolzheimer herbeizuführen. Ich danke daher sehr für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und das großzügige Entgegenkommen der Familie Berolzheimer.“

Bei der Zeichnung von Theodor Christoph Schüz handelt es sich um eine Vorzeichnung zu dem Gemälde „Familie vor der offenen Kirchentür, der Predigt zuhörend“ (1858) aus der Sammlung der Staatsgalerie. Um Vorstudie und Gemälde weiterhin zusammen präsentieren zu können, ist ein Rückkauf vorgesehen. Die undatierte Federzeichnung „Mann mit Fackel“ von Samuel van Hoogstraten wird der Familie Berolzheimer hingegen übereignet.

Seit 2009 wird an der Staatsgalerie Stuttgart Provenienzforschung betrieben. Die Stelle ist im Jahr 2015 durch das Land Baden-Württemberg verstetigt worden. Provenienzforschung beschäftigt sich mit der Herkunft der Kunstwerke und prüft, ob in der Zeit des Nationalsozialismus möglicherweise ein aus heutiger Sicht unrechtmäßiger Besitzwechsel stattgefunden hat. Untersucht werden die Werke, welche vor 1945 entstanden sind und seit 1933 erworben wurden. In der Staatsgalerie Stuttgart sind davon über 6.000 Gemälde, Skulpturen und Grafiken betroffen. Aufgrund der Forschungen restituierte die Staatsgalerie Stuttgart seit 1998 insgesamt 12 Kunstwerke aus ihrem Besitz. Auch die Freunde der Staatsgalerie e. V. gaben in der Vergangenheit zwei Werke aus ihrem Besitz an rechtmäßige Erben zurück. Unter den 12 bereits restituierten Werken aus der Staatsgalerie befanden sich bereits 2014 zwei Zeichnungen, die an die Erben nach Michael Berolzheimer zurückgegeben wurden. Der Südwestdeutsche Rundfunk entschloss sich 2014 ebenfalls zur Rückgabe einer Zeichnung an die Familie Berolzheimer.