Wilhelm Reschl hat vor 30 Jahren mit Rainer Wagner und Eberhard Tschepe die Dokumentation „Der Tod war ein Meister aus Deutschland“ über die Nazi-Jäger von Ludwigsburg gedreht. Am Montag ist der Film im Ludwigsburger Kulturzentrum zu sehen. Reschl berichtet, wie schwer den Ermittlern die Arbeit und das Leben in der Stadt gemacht wurden.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg wurde vor 60 Jahren, am 6. November 1958, gegründet. Die VHS zeigt heute im Filmgespräch eine Dokumentation, die Wilhelm Reschl vor 30 Jahren über die Nazi-Jäger von Ludwigsburg drehte.

 

Herr Reschl, Ihr Dokumentarfilm über die Arbeit der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen ist fast 30 Jahre alt. Wie beurteilen Sie ihn heute?

Eigenartigerweise hatte ich jegliche Erinnerung an die Dokumentation verloren, wahrscheinlich, weil ich seither so viele andere Filme gemacht habe. Aber im Hinblick auf den Termin in Ludwigsburg habe ich mir den Film noch einmal angesehen und muss sagen: Ich war doch einigermaßen begeistert.

Wie packten Sie Thema damals an?

Die Idee war, die Geschichte der Verfolgung der NS-Verbrechen in die Ludwigsburger Geschichte einzubetten. Dafür hatte ich knapp 60 Minuten, was für eine landesgeschichtliche Dokumentation eine komfortable Sendelänge ist. In dem Film geht es einerseits darum, wie die Zentrale Stelle beispielsweise Vorarbeit für den Majdanek- oder den Auschwitz-Prozess geleistet hat, wofür viel historisches Material eingeflossen ist, aber andererseits auch um Ludwigsburg selbst und darum, wie schwer es die Ermittler vor allem von 1958 bis Ende der 70er Jahre in der Stadt hatten. Dass sie bedroht oder ihre Kinder gemobbt wurden, war an der Tagesordnung.

Heute sieht es die Stadt als Renommée, dass sie die Behörde beheimatet.

In den 60er Jahren bezeichnete der Oberbürgermeister Anton Saur die Zentrale Stelle als Schandfleck für Ludwigsburg, die Ermittler wurden als Nestbeschmutzer beschimpft, ihre Arbeit behindert. Die meisten Richter und Staatsanwälte kamen auch nicht freiwillig nach Ludwigsburg. Oft waren es junge, unverheiratete Juristen, für die man die Entsendung am ehesten zumutbar hielt. Die Protagonisten in meinem Film sagen aber alle, dass sie schnell zutiefst überzeugt davon waren, an einer sinnvollen Aufgabe zu arbeiten. Ich hatte mir für den Film vier Leute herausgesucht, an deren Person entlang ich die Arbeit der Zentralen Stelle portraitierte: zwei Staatsanwälte, eine Richterin und eine Justizangestellte. Zu ihr habe ich bis heute Kontakt.

Wie erging es Ihnen selbst, als Sie mit all dem belastenden Material konfrontiert wurden?

Ich bin Historiker und habe viele Filme zum Nationalsozialismus gemacht, zum Beispiel drei Dokumentationen für die Serie „Europa unterm Hakenkreuz“. Es war also nicht so, dass ich in Sachen NS-Gräuel Neuland betreten hätte. Allerdings bin ich in Ludwigsburg auf Zeugenaussagen von einer Brutalität gestoßen, die ich mir vorher kaum hätte ausmalen können. Wenn sich Historiker einmal ernsthaft an die Aufarbeitung dieser Akten machen, werden sie sehr viel Schreckliches zutage fördern.

Kann man sich den Film auch außerhalb des VHS-Abends ansehen – vielleicht auf DVD?

Nein, der Film gehört dem Südwestrundfunk, und damals holte man keine Rechte für außerrundfunkliche Nutzung des Materials ein. Man kann ihn also nicht einfach so mal zeigen.

Heute gibt es nahezu keine NS-Opfer und Täter mehr. Wo sehen Sie die Rolle der Zentralen Stelle für die Zukunft?

Sie wird innerhalb weniger Jahre wohl ein Archiv sein, das wichtige Quellen für die Forschung birgt und so wahrscheinlich auch noch von den kommenden Generationen genutzt wird.