Über eines sind sich die Obleute im NSA-Untersuchungsausschuss einig: Edward Snowden soll befragt werden. Linke und Grüne wollen den "Whistleblower" nach Deutschland einladen, die Union ist da strikt dagegen.

Über eines sind sich die Obleute im NSA-Untersuchungsausschuss einig: Edward Snowden soll befragt werden. Linke und Grüne wollen den "Whistleblower" nach Deutschland einladen, die Union ist da strikt dagegen.

 

Berlin - Ein Jahr nach dem Auffliegen der NSA-Spähprogramme will der Untersuchungsausschuss des Bundestags den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden vernehmen. Das beschloss der NSA-Ausschuss am Donnerstag einstimmig in Berlin.

Die Opposition konnte ihre Forderung nach einer Einladung Snowdens nach Deutschland aber nicht durchsetzen. Die Union will die bis 3. Juni geplante erste Vernehmung des Zeugen in Moskau durchführen - per Video oder direkt vor Ort. Die SPD hingegen hält sich alle Varianten offen. Snowden hatte die massenhafte Datenspionage durch amerikanische und britische Geheimdienste publik gemacht.

Müsste Snowden ausgeliefert werden?

Der Streit zwischen Union und SPD in der Frage blieb nach vierstündiger Sitzung ungelöst. „Es liegen alle Möglichkeiten einer Vernehmung auf dem Tisch“, sagte SPD-Obmann Christian Flisek. Sein Unionskollege Roderich Kiesewetter (CDU) machte hingegen deutlich, „dass ich eine Anhörung des Zeugen Snowden in Deutschland ausschließe“. Denn in diesem Fall müsse der US-Bürger Snowden wohl in seine Heimat ausgeliefert werden, zudem drohe der Ausschuss zu einem reinen Snowden-Gremium zu werden. Möglich sei eine Videovernehmung oder eine Reise der Ausschussmitglieder nach Russland, wo Snowden ein befristetes Asyl genießt.

Für den Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, der Snowden in Moskau besucht hatte, war es ein Etappensieg. „Die Tür für die Vernehmung von Edward Snowden in Deutschland ist mindestens halb offen.“ Grünen-Obmann Konstantin von Notz warnte, eine Vernehmung in Moskau wäre eine Angelegenheit rein von Gnaden des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Im Bezug auf Snowden sagte von Notz: „Wenn er die Karten offen auf den Tisch legt, wird er sein Aufenthaltsrecht verlieren.“

Aus Deutschland könnte er wegen des Verdachts einer politischen Straftat hingegen gar nicht ausgeliefert werden, erklärte von Notz. Die NSA-Dokumente Snowdens haben den Skandal massenhafter Datenausspähungen durch US- und britische Geheimdienste aufgedeckt. Dank des Whistleblowers wurden seit Anfang Juni 2013 zeitweise nahezu täglich neue Details über die Spähprogramme bekannt.

Die Opposition sieht eine persönliche Vernehmung in Deutschland als rechtlich geboten. „Das Unmittelbarkeitsprinzip wirkt“, sagte Linke-Obfrau Martina Renner. „Nur wenn man einen Zeugen tatsächlich in Augenschein nehmen kann, kann man ihn wirklich beurteilen und einschätzen“, sagte von Notz.

Auf Antrag der Koalition sollen nun die Ausschussobleute mit Snowdens Berliner Anwalt über die Art der Vernehmung verhandeln. Dann soll Snowden noch im Mai erklären, zu welcher Art der Befragung er bereit sei. „Wir können da gar nichts erzwingen und sind auf Kooperation von Herrn Snowden angewiesen“, sagte Flisek.

Linke und Grüne schließen nicht aus, eine Vernehmung Snowdens in Deutschland notfalls juristisch durchzusetzen. Er müsse eingeladen werden und die Bundesregierung müsse für die Sicherheit sorgen, so von Notz. „Wenn das sabotiert wird, sind wir auch bereit, dafür vor Gericht zu klagen.“ Die Bundesregierung hatte sich in einem Gutachten gegen eine Vernehmung Snowdens in Deutschland gewandt.

Linke und Grüne hätten Snowden auch mit ihren Minderheitenrechten alleine als Zeugen benennen können. Die Union hatte sich anfangs gegen Snowden als Zeugen gewandt. Die Entscheidung über Ort und Art und Weise waren im Ausschuss Gegenstand strittiger Verfahrensfragen.

Auch Merkel, Schröder und Westerwelle unter den Zeugen

Insgesamt sollen 100 Zeugen gehört werden, teilte Kiesewetter mit. Begonnen werden soll in der kommenden Sitzungswoche. Gehört werden sollen später auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD), die Ex-Außenminister Joschka Fischer und Guido Westerwelle, Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier (SPD), der ehemalige NSA-Mitarbeiter William Binney und Ex-US-Drohnenpilot Brandon Bryant.

Neben den Ausspähpraktiken der USA, von Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland will der Ausschuss der Rolle der deutschen Geheimdienste auf den Grund gehen. Zudem soll die Datensicherheit in Deutschland überprüft und verbessert werden