Tragen Geheimdienste oder andere Behörden Mitschuld an den Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“? Nein, sagen die Richter im NSU-Prozess, jedenfalls nicht im strafrechtlichen Sinn.

München - Die Richter im NSU-Prozess sehen keine Mitschuld der Sicherheitsbehörden für die Mord- und Anschlagsserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Das sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Dienstag in dem Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte. Der Senat ziehe „nicht den Schluss“, dass die Behörden das Versteck des NSU-Trios hätten ausfindig machen und Zschäpe und ihre beiden - später gestorbenen - Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten festnehmen können.

 

Götzl begründete damit, warum das Gericht einen Beweisantrag von Nebenklägern ablehnte. Die Anwälte der Kasseler Opferfamilie Yozgat, deren Sohn von Mundlos und Böhnhardt am 6. April 2006 in seinem Internet-Café erschossen worden sein soll, wollten mit ihrem Antrag erneut die Rolle eines Verfassungsschutzbeamten untersuchen, der zur Tatzeit am Tatort war. Götzl sagte, eine für die Angeklagten strafmildernde Mitschuld liege nur dann vor, „wenn dem Staat die Genese (Entstehung) der Tat vorgeworfen werden kann“.

Weitere Beweise sichten

Am Rande wurde bekannt, dass das Gericht dennoch weitere Beweise zu dem Kasseler NSU-Mord sichten will. So soll das Video eines sogenannten „kognitiven Interviews“ mit dem betreffenden Verfassungsschutzbeamten als Beweismittel beigezogen werden. Bei dieser besonderen Form der Vernehmung werden psychologische Methoden angewandt, um die Gedächtnisleistung eines Zeugen zu verbessern.

Zuvor hatte eine Ermittlerin des Bundeskriminalamtes frühere Ermittlungsergebnisse korrigiert. Sie hatte den Auftrag, den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Beate Zschäpe zu überprüfen. So hatte Zschäpe gesagt, sie habe aus dem Radio von Mundlos’ und Böhnhardts Tod im November 2011 erfahren. Das sei möglich, sagte die Ermittlerin. Zwei Thüringer Radiosender hätten entsprechende Meldungen ausgestrahlt. In einer früheren Vernehmung hatte sie gesagt, sie habe keine Hinweise auf passende Radioberichte gefunden.

Für zehn Morde angeklagt

Zschäpe ist für zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge angeklagt. Fast alle Taten waren rassistisch motiviert. Für Donnerstag kündigte ihr Verteidiger Mathias Grasel weitere Antworten auf Fragen des Gerichts an. An diesem Mittwoch will der Senat mehrere Schriftstücke verlesen. Zeugen sind nicht geladen.