Der NSU-Untersuchungsausschuss von Baden-Württemberg hat am Montag seine Arbeit fortgesetzt. Ein früherer Bekannter des ehemaligen Neonazis Florian H. wurde befragt. Der Ausschuss will die Existenz und Bedeutung einer rechtsextremen "Neoschutzstaffel" (NSS) klären.

Stuttgart - Im NSU-Untersuchungsausschuss sind keine belastbaren Beweise für eine gefährliche, rechtsextreme Organisation namens „Neoschutzstaffel“ (NSS) im Raum Heilbronn zutage getreten. Das Landtagsgremium in Stuttgart befragte am Montag mehrere junge Männer, die früher der rechtsextremen Szene zugerechnet wurden, darunter auch „Matze“. Er war mit dem ehemaligen Neonazi Florian H. häufiger unterwegs. Florian H. war im Herbst 2013 in einem brennenden Auto in Stuttgart gestorben. Zuvor hatte er erklärt, die Mörder der Polizistin Michèle Kiesewetter zu kennen. Zudem hatte Florian H. der Polizei von einer angeblichen „Neoschutzstaffel“ berichtet.

 

„Matze“ sagte am Montag, er sei Anfang 2011 bei einer Demonstration in Dresden von einem Mann angesprochen und per Unterschrift zum Mitglied der NSS gemacht worden. Er habe dann nie mehr etwas von der NSS gehört, aber Florian H. im Sommer 2011 als Mitglied angeworben. Dazu habe er selbst ein Beitrittsformular verfasst - und zwar aus „jugendlichem Leitsinn“ und „Dummheit“ heraus. Er wisse nur von zwei NSS-Mitgliedern: ihm selbst und Florian. Von einem Treffen im „Haus der Jugend“ in Öhringen bei Heilbronn im Februar 2010, auf dem die NSS und der NSU vorgestellt worden sein sollen, wisse er nichts.

„Matze“ hatte bei der Polizei erklärt, dass Florian auch ihm gesagt habe, er kenne Kiesewetters Mörder. Im Ausschuss revidierte er aber seine Aussage. „Er hat mir nichts darüber erzählt.“ „Matzes“ Vater führte als Zeuge aus, er habe als Jugendarbeiter in Öhringen zwar einen Schlüssel zum Jugendkeller im „Haus der Jugend“ gehabt. Er habe seine Tätigkeit in der Jugendarbeit aber erst im Juni 2012 aufgenommen, also weit vor Februar 2010. Von rechten Treffen in dem Haus wisse er nichts, beteuerte der frühere Bundeswehrsoldat.

"Matze" war im Zuge der Ausschussarbeit identifiziert worden

„Matze“ war erst im Zuge der Ausschussarbeit von der Polizei identifiziert worden. Florians Vater hatte vor dem NSU-Ausschuss erklärt, sein Sohn habe den Prozess gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München als reine Farce bezeichnet, solange nicht weitere Personen auf der Anklagebank säßen. Dabei habe Florian auch „Matze“ genannt. Für die Bundesanwaltschaft sind Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Kiesewetters Mörder. Kritiker halten es jedoch für denkbar, dass mehrere Täter am Werk waren und Kiesewetter kein Zufallsopfer des NSU gewesen ist.

Ausschusschef Wolfgang Drexler (SPD) meinte nach den Befragungen, entweder, es habe sich in Sachen NSS so zugetragen, wie die Zeugen sagten. „Dann spielt NSS gar keine Rolle.„ Oder aber es sei anders gewesen. „Dann haben wir es heute zumindest nicht klären können.“ Dass es sich bei der NSS aber um eine gefährliche Gruppe gehandelt haben soll, sei aber nun relativiert worden, räumte er ein. Möglicherweise habe es sich nur um ein Hirngespinst gehandelt.

Dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) werden neun Morde an Migranten und die Ermordung Kiesewetters 2007 in Heilbronn vorgeworfen. Der Landtagsausschuss arbeitet die Bezüge des NSU nach Baden-Württemberg und mögliches Behördenversagen im Südwesten auf.