Zwei baden-württembergische Polizeibeamte sind Mitglieder beim Ku Klux Klan - und keinen stört's. Der Verdacht liegt nahe, dass das Thema vertuscht werden sollte - auch wenn die Verantwortlichen anderes behaupten.

Stuttgart - Zwei baden-württembergische Polizisten kamen nach ihrer Mitgliedschaft im rassistischen Ku Klux Klan (KKK) im Raum Schwäbisch Hall ohne Disziplinarmaßnahmen davon - aber warum? Die Sicherheitsbehörden schieben sich die Schuld dafür gegenseitig zu. Der frühere Landespolizeipräsident Erwin Hetger beteuerte am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags in Stuttgart: „Ich hatte vor, ein Exempel zu statuieren.“

 

Zunächst sei aber eine Ahndung wegen der dünnen Faktenlage nicht möglich gewesen. Und anschließend sei die Führung der Disziplinarverfahren Sache der Behörden gewesen, die für die beiden Polizisten unmittelbar zuständig gewesen seien.

Disziplinarverfahren wieder eingestellt

Er hätte da nicht einfach eingreifen können, beteuerte Hetger. Zudem habe man den beiden Beamten keine Propagandadelikte und keine Straftaten nachweisen können. Dass dann ein Disziplinarverfahren wegen einer abgelaufenen Frist eingestellt werden musste, sei ihm schleierhaft.

Die zwei Polizisten waren 2001/2002 Mitglieder in dem rassistischen Geheimbund im Raum Schwäbisch Hall. Beide blieben im Dienst - einer der Beiden wurde sogar im Jahr 2003 noch befördert. Auch dies habe er nicht einfach so verhindern können, beteuerte Hetger. „Wenn die Dienststelle vor Ort Beförderungen vorschlägt, kann ich nicht sagen, aus den und den Gründen wird das abgeblockt.“

Der Verfassungsschutz hatte schon 1999 Hinweise auf den KKK, diesen aber erst ab Mitte 2001 gezielt beobachtet. Der frühere Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Helmut Rannacher, rechtfertigte dies mit den Worten: „Wir sind keine Stasi.“ Der Dienst brauche ausreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Beobachtung. Im September 2001 habe es erste Hinweise dafür gegeben, dass auch Polizisten Mitglieder im KKK sind, sagte Rannacher.

Ende Mai 2002 habe er dazu ein erstes Gespräch mit der Polizeiführung geführt. Ab September 2002 hätte diese die betroffenen Beamten mit den Vorwürfen konfrontieren können. Warum es so lange gedauert habe, bis disziplinarrechtlich ermittelt worden sei, könne er nicht sagen. „Wir haben die Informationen, die wir hatten, vorgelegt. Alles andere musste die Polizei selbst regeln.“ Ex-Polizeipräsident Hetger sagte hingegen, er habe auf weitere Erkenntnisse des Verfassungsschutzes gewartet. Diese gab es im Dezember 2003 - die Disziplinarverfahren dauerten aber bis zum April 2005. Warum, konnte auch Hetger nicht plausibel erklären.

Der Landesverfassungsschutz erfuhr laut Rannacher im Wesentlichen vom Bundesverfassungsschutz vom KKK. Wie später öffentlich bekanntwurde, hatte das Bundesamt die Verbindungsperson („V-Mann“) Corelli in dem Geheimbund. Über ihn erkannten die Verfassungsschützer, dass ein Beamter Geheimnisse an KKK-Chef Achim S. verriet - nämlich, dass dessen Telefon abgehört wird. Der beschuldigte Beamte wurde 2002 in eine andere Landesbehörde versetzt. Strafrechtliche oder disziplinarrechtliche Maßnahmen gab es damals nicht. Rannacher begründete dies damit, dass der Beamte die Vorwürfe nicht einräumte.

Der NSU-Ausschuss des Landtags untersucht die Bezüge des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) nach Baden-Württemberg und mögliches Behördenversagen im Südwesten. Den Rechtsterroristen werden zehn Morde zugerechnet, darunter der an der Polizistin Michele Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Die Sicherheitsbehörden hatten das Treiben der Rechtsextremisten über Jahre hinweg nicht bemerkt.

Rannacher räumte ein Versagen seiner Behörde beim NSU ein. „Auch hier in Baden-Württemberg hat unser austariertes, wenn auch zwangsläufig lückenhaftes Netz von operativen Maßnahmen versagt“, sagte er.

Tauziehen um Beweise im Fall Florian H.

Unterdessen hält das Tauziehen um Beweise zum früheren Neonazi Florian H. an. Der Ausschuss zieht eine Beschlagnahme in Erwägung, wie Ausschusschef Wolfgang Drexler (SPD) sagte. Es geht um einen Camcorder und einen Laptop aus dem ausgebrannten Wagen, in dem Florian H. starb. Die Familie des Toten hat die Gegenstände bislang nicht an den Ausschuss übergeben. Die Gespräche dazu ziehen sich schon seit Wochen hin. Zudem fehlen auch noch ein Handy und nach neuesten Informationen auch eine externe Festplatte, die ebenfalls in dem Auto gelegen haben sollen.

Florians Familie hatte die Gegenstände an ihren Vertrauten, den Politikwissenschaftler Hajo Funke, übergeben. Doch auch er konnte am Freitag nicht sagen, wo die Gegenstände sind. Florian war 2013 in seinem Auto verbrannt.