Mindestens zwei Polizisten waren Mitglieder beim Ku Klux Klan in Schwäbisch Hall. Einer davon war später der Vorgesetzte der 2007 ermordeten Beamtin Kiesewetter. Zufall? Der NSU-Ausschuss nimmt das nun unter die Lupe.

Stuttgart - Der Ku Klux Klan und seine Verbindungen zur baden-württembergischen Polizei stehen von Montag an im Mittelpunkt des NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag. Das Gremium will unter anderem zwei Beamte befragen, die im Jahr 2002 Mitglieder in dem rassistischen Geheimbund in Schwäbisch Hall waren. Einer der beiden war später der Gruppenführer der 2007 in Heilbronn erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter.

 

Die Bundesanwaltschaft schreibt den Mord dem rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) zu. Der Ausschuss will klären, wie viele Polizisten Interesse an einer Mitgliedschaft beim KKK hatten, wie die Strukturen waren und wie die baden-württembergischen Behörden mit dem Thema umgingen.

Wie viele Polizisten waren wirklich im KKK?

Zuletzt hatten die „Stuttgarter Nachrichten“ berichtet, dass sich sogar zehn bis zwanzig Polizisten um die Aufnahme im Ku Klux Klan (KKK) bemüht haben sollen. Das Innenministerium hat aber für diese Behauptung bislang keine Belege gesehen. Die Zeitung bezog sich auf Achim S., den damaligen Chef des Geheimbundes. Seine Ehefrau soll am Montag im Ausschuss befragt werden. Achim S. selbst hält sich derzeit in den USA auf. Er sei zwar bereit, vor dem Gremium auszusagen, sagte Ausschusschef Wolfgang Drexler. Allerdings wolle S. derzeit die USA nicht verlassen - mit der Begründung, dass er sich gerade um eine Einbürgerung bemühe, sagte ein Landtagssprecher.

Die beiden Beamten kamen relativ glimpflich davon, als ihre KKK-Mitgliedschaft bekannt wurde - damals stellte noch die CDU den Innenminister. Der Jüngere der beiden - Kiesewetters Gruppenführer - bekam nach Angaben des Innenministeriums eine Zurechtweisung, was keine echte Disziplinarmaßnahme darstellt.

Keine Folgen für den aktiven Dienst

Bei dem älteren Beamten sei die Untersuchung so lange hinausgezögert worden, dass er für seine KKK-Mitgliedschaft nur noch gerügt werden konnte, sagte ein Sprecher von Innenminister Reinhold Gall (SPD). Damit hatten die dubiosen Aktivitäten für beide keine Folgen für ihren aktiven Dienst.

Aber: Wie kommen baden-württembergische Beamte überhaupt auf die Idee, dem KKK beizutreten? Das will der Ausschuss nach den Worten des Vorsitzenden Drexler untersuchen. Ein Schwerpunkt wird dabei auch die Rolle des früheren V-Mannes („Vertrauensmannes“) für den Bundesverfassungsschutz namens „Corelli“ sein, der ebenfalls damals beim KKK war.

„Corelli“ hat im Fall der rechten Terrorzelle NSU insgesamt eine undurchsichtige Rolle gespielt. 2014 war „Corelli“, der zu diesem Zeitpunkt in einem Zeugenschutzprogramm war, tot gefunden worden. Gutachter hatten als Todesursache einen Zuckerschock infolge einer unerkannten Diabetes-Krankheit festgestellt.

Insgesamt vier Sitzungen

Der KKK-Komplex wird den Untersuchungsausschuss nach Drexlers Worten in insgesamt vier Sitzungen beschäftigen. Danach will das Gremium den Schwerpunkt auf den Kiesewetter-Mord verlagern. Nebenbei beschäftigt sich der Ausschuss auch weiterhin mit dem Fall des toten ehemaligen Neonazis Florian H., der behauptet hatte, er kenne Kieswetters Mörder.

Das Gremium wartet darauf, dass die Familie des Toten einen Camcorder und einen Laptop übergibt. Ihr Anwalt Yavuz Narin sagte der Deutschen Presse-Agentur, er werde der Familie vorschlagen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem Ausschuss zur Übergabe der Geräte zu schließen. Darin solle ausdrücklich festgehalten werden, dass die Familie über den weiteren Umgang mit den Geräten informiert wird. Ein Handy von Florian H. ist hingegen noch verschwunden.

Der Ausschuss untersucht die Bezüge des NSU nach Baden-Württemberg und mögliches Behördenversagen im Südwesten. Den Rechtsterroristen werden zehn Morde zugerechnet - an neun Migranten und an Kiesewetter.