Der Mord an der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter liegt achteinhalb Jahre zurück, jetzt sind laut NSU-Ausschuss zwei neue Zeugen aufgetaucht. Ein Zeuge will mit seinem Handy Videoaufnahmen am Tatort gemacht haben.

Stuttgart - Ein neuer NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags soll nach der Wahl im März die bisherige Arbeit fortsetzen. Das sagte der Chef des Gremiums Wolfgang Drexler (SPD) am Freitag in Stuttgart. Grund für dieses in der Landtagsgeschichte erstmalige Vorgehen sei, dass noch offene oder neue Fragen zu der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zu klären seien. Dem NSU werden zehn Morde zugerechnet, darunter der an der Polizistin Michèle Kiesewetter im April 2007. Zu diesem Fall sind unterdessen zwei neue Zeugen aufgetaucht.

 

Das seit Anfang dieses Jahres arbeitende Gremium werde dem Plenum des Landtags empfehlen, für die Fortsetzung der Ausschussarbeit in der neuen Legislaturperiode zu plädieren, sagte Drexler. Entscheiden muss das aber das neue Parlament. Je nach Ausgang der Abstimmung könnten dort neue Abgeordnete arbeiten.

Letzte Sitzung am 7. Dezember

Die letzte Ausschusssitzung ist am 7. Dezember. Der Abschlussbericht muss bis Mitte Januar fertiggestellt sein. Dem Landtag wird er am 16. Februar zur Diskussion vorgelegt. Das Gremium, das die Empfehlung einstimmig beschloss, hat einem möglichen weiteren Ausschuss eine To-Do-Liste mit zehn Punkten hinterlassen. Drexler sprach von einer „tollen Anleitung“ für den nächsten Ausschuss.

Dabei geht es unter anderem um die Verbindungen des NSU nach Baden-Württemberg, etwa um etwaige Aufenthalte des Trios im Südwesten oder dessen Verbindungen zu Rockergruppierungen und organisierter Kriminalität. Eine sorgfältige Aufarbeitung sei man auch den Opfern und ihren Angehörigen schuldig, betonte Drexler. „Hier muss der Grundsatz der Gründlichkeit vor Schnelligkeit gelten.“

Handyaufnahmen von der Tat?

Abgeschlossen hat das Gremium die Untersuchung des Feuertods des rechtsextremen Aussteigers Florian Heilig und des Mordfalls Kiesewetter. Allerdings haben sich bei letzterem neue Ansätze ergeben. Überraschend haben sich zwei neue Zeugen beim Ausschuss gemeldet. Dabei handelt um einen Mann, der mit seinem Handy aufschlussreiche Videoaufnahmen am Tatort in Heilbronn gemacht haben will. Der Ausschussvorsitzende Drexler sagte: „Da geht es um Handyaufnahmen möglicherweise während der Tat.“

Der Mann, der sich bislang nicht bei der Polizei gemeldet habe, sei dem Generalbundesanwalt „übergeben“ worden. Noch vor Abschluss der Arbeit des Gremiums im Dezember soll ein weiterer Hinweisgeber - ebenfalls ohne bisherige Kontakte zur Polizei - durch den Ausschuss vernommen werden.

Der FDP-Obmann Ulrich Goll sagte, es sei „höllisch knapp von Anfang an“ gewesen. Trotz aller Versuche, die Arbeit voranzutreiben, sei man nicht fertig geworden. Grund sei, dass sich in fast in jeder Sitzung neue Fragen und damit neue Beweisanträge ergäben. Der SPD-Abgeordnete Nikolaos Sakellariou räumte ein, in der Rückschau sei es ein Fehler gewesen, den erst seit Anfang dieses Jahres arbeitenden Ausschuss nicht schon früher einzusetzen.

Der Ausschuss hat bislang 120 Zeugen und 13 Sachverständige befragt sowie 126 Beweisanträge abgearbeitet.