Die Grünen wollen zur Aufarbeitung der NSU-Morde im Land eigentlich einen Untersuchungsausschuss. Doch die SPD ist zurückhaltend. Ist ein Sonderausschuss die Lösung?

Die Grünen wollen zur Aufarbeitung der NSU-Morde im Land eigentlich einen Untersuchungsausschuss. Doch die SPD ist zurückhaltend. Ist ein Sonderausschuss die Lösung?

 

Stuttgart - Grüne und SPD denken über eine Aufarbeitung des Themas Rechtsextremismus und NSU-Morde im Landtag nach. Während die SPD eine Enquete-Kommission favorisiert, denken die Grünen über einen Sonderausschuss nach. „Ein Sonderausschuss kann sich mit allen Aspekten des Rechtsradikalismus und -extremismus beschäftigen und am Ende Handlungsempfehlungen verabschieden“, sagte Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Die Grünen schließen aber nach ihren Worten auch einen Untersuchungsausschuss im Landtag nach wie vor nicht aus. Damit stoßen sie aber in der SPD-Fraktion auf wenig Gegenliebe.

Den NSU-Mitgliedern Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe werden zehn Morde von 2000 bis 2007 zugerechnet - an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und an der Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn. Sitzmann verwies darauf, dass vor dem Oberlandesgericht in München noch der Prozess gegen Zschäpe läuft und der Generalbundesanwalt noch Ermittlungen führt. Bis zu deren Abschluss stünden die Ergebnisse der baden-württembergischen Ermittlungsgruppe Umfeld unter Vorbehalt. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand hatte angeregt, noch einmal über einen Untersuchungsausschuss nachzudenken. Die SPD mit Innenminister Reinhold Gall zeigt allerdings wenig Interesse an so einem Gremium.

SPD will Enquete-Kommission

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte, seine Fraktion befürworte eine Enquete-Kommission und wolle diese möglichst im Einvernehmen mit allen Landtagsfraktionen einrichten. „Wir wollen uns weniger mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigen, sondern mit der Suche nach Antworten für die Zukunft.“ Hingegen wolle die SPD nicht nacharbeiten, was ohnehin schon in dem kürzlich von Minister Gall vorgestellten Bericht zu den NSU-Bezügen zum Südwesten stehe. Eine Enquete-Kommission könne man offener gestalten - es gebe auch die Möglichkeit, externe Experten einzubeziehen, erklärte Schmiedel. Ein Sonderausschuss bietet sich hingegen seiner Auffassung nach eher zur Aufarbeitung von singulären Ereignissen an.

Bereits nach dem Amoklauf von Winnenden mit 16 Toten hatte der Landtag einen Sonderausschuss eingesetzt, um über politische Konsequenzen aus dem Vorfall zu beraten. Ein Sonderausschuss ist nach Paragraf 18 der Geschäftsordnung des Landtags möglich. Er kann mit einer einfachen Landtagsmehrheit eingesetzt werden. „Während ein Untersuchungsausschuss vor allem die Vergangenheit aufarbeitet, kann ein Sonderausschuss den Blick stärker in die Zukunft richten, damit sich so etwas nicht wiederholt“, meinte Sitzmann mit Blick auf das NSU-Thema. Auch die Frage, ob der Verfassungsschutz neu aufgestellt werden müsse, könne man in einem solchen Ausschuss erörtern.

Grüne und SPD sind sich einig darin, dass die parlamentarische Kontrolle über den Verfassungsschutz verbessert werden soll. Über den künftigen Zuschnitt des Amtes dürfte es allerdings noch heftige Diskussionen geben. „Wir können uns eine Veränderung der Aufgaben vorstellen - etwa eine Konzentration auf den gewaltbereiten Extremismus“, bekräftigte Sitzmann. „Im Zuge dieser Neustrukturierung gibt es sicherlich auch Einsparmöglichkeiten.“ Im Sommer hatte Sitzmann erklärt, aus ihrer Sicht seien bei dem Amt 30 bis 50 Prozent Stelleneinsparungen drin. Das Landesamt hat rund 340 Mitarbeiter. Derzeit warten die Fraktionen darauf, dass Innenminister Gall Vorschläge zur Verfassungsschutzreform auf den Tisch legt.