Eine junge Deutsch-Iranerin hat am Mittwoch im NSU-Prozess über den Sprengstoffanschlag der Terrorgruppe in Köln vom Jahr 2001 berichtet. Damals öffnete sie eine Christstollendose und brachte dadurch die Bombe zur Explosion.

Eine junge Deutsch-Iranerin hat am Mittwoch im NSU-Prozess über den Sprengstoffanschlag der Terrorgruppe in Köln vom Jahr 2001 berichtet. Damals öffnete sie eine Christstollendose und brachte dadurch die Bombe zur Explosion.

 

München - Im NSU-Prozess hat eine junge Deutsch-Iranerin aus Köln in beeindruckend klaren Worten geschildert, wie sie einen Sprengstoffanschlag des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ im Jahr 2001 schwer verletzt überlebte. Sie war damals 19 Jahre alt und stand kurz vor dem Abitur. Die junge Frau berichtete am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München, wie sie im Geschäft ihrer Eltern in Köln nichtsahnend eine Christstollendose öffnete und dadurch die Bombe zur Explosion brachte.

Die Dose sollen Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt einige Wochen zuvor in dem Laden zurückgelassen haben. In seinem „Paulchen-Panther-Video“ hat sich der NSU zu der Tat bekannt. Das Gericht hörte außerdem mehrere Ärzte der Frau, die von teils bleibenden Folgeschäden berichteten. Auffällig war die Reaktion der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Sie folgte den Aussagen der Zeugin reglos und verbarg immer wieder ihr Gesicht in den Händen.

Am Tag der Explosion, dem 19. Januar 2001, habe sie unbedingt wissen wollen, was sich in der Dose befindet, berichtete die Frau. Äußerlich habe diese wie ein Weihnachtsgeschenk ausgesehen. „Ich bin hingegangen, habe die Dose leicht aufgemacht und darin eine blaue Camping-Gasflasche gesehen.“ Sie habe noch gedacht: „komisches Weihnachtsgeschenk“, die Dose wieder verschlossen und sei dann um den Schreibtisch herumgegangen. Sie habe eine Schublade geöffnet und sich auf der Suche nach einem Spiegel nach unten gebeugt.

In diesem Moment explodierte der Sprengsatz. Sie erinnere sich noch genau: „Da war ein lauter Knall, helles Licht, dann wurde alles dunkel.“ Sie habe auf dem Boden gelegen und unerträgliche Schmerzen gehabt. Im ersten Moment habe sie nicht atmen und nicht schreien können. Dann seien ihre Mutter und ihr Vater hereingekommen und hätten sie nach draußen getragen.

Eltern quälen sich mit Vorwürfen

Die Folgen des Anschlags schilderte sie als teils tragisch. Ihre Eltern quälten sich bis heute mit Vorwürfen, weil sie den ominösen Präsentkorb für den vermeintlich vergesslichen Kunden so lange aufbewahrt hatten. Das Geschäft hätten die Eltern aufgegeben, obwohl es die Einnahmequelle der Familie war. Die Mutter habe es nicht mehr betreten wollen.

Mehrere Mediziner berichteten im Zeugenstand, wie sie die Frau noch Jahre später behandelten. Einer schilderte, er habe in der Gesichtshaut eingebrannte Überreste des Schwarzpulvers mit Laserbehandlungen entfernt. Ein weiterer Arzt berichtete, er habe der Frau mehrere Holzsplitter über der Oberlippe herausoperiert. Mehrfach musste sie an den Ohren operiert werden, weil die Detonation beide Trommelfelle zerstörte.

An diesem Donnerstag hört das Gericht weitere Zeugen zu dem Sprengstoffanschlag an der Kölner Probsteigasse. Geladen sind die Eltern und die Schwester des Opfers.

Am Rande wurde bekannt, dass die Vernehmung der früheren, betagten Nachbarin von Beate Zschäpe in Zwickau kein Ergebnis brachte. Ein Amtsrichter war vom Münchner Oberlandesgericht beauftragt worden, die 91-Jährige in ihrem Wohnheim zu befragen. Das Gericht erhoffte sich Aufschluss darüber, ob Zschäpe den Tod der Frau in Kauf nahm, als sie ihre Fluchtwohnung in Brand steckte oder ob möglicherweise noch jemand an der Tür geklingelt hatte. Die alte Dame, die unter Demenz leidet, erinnerte sich aber nicht einmal daran, dass das Haus, in dem sie wohnte, zerstört ist und dass sie dort Nachbarn hatte.