Der U-Ausschuss des Landtags findet keine weiteren Bezüge der Rechtsterroristen in den Südwesten. Deutlich wird nur: Die Neonazi-Szene, aus welcher der NSU kam, hatte ein Alkoholproblem.

Stuttgart - Ein Mal war er dabei in Ludwigsburg. Immerhin daran kann sich Stefan Apel erinnern. Im Partykeller des Skinhead-Musikers Michael Ellinger übernachtete er. Näheres weiß er nicht mehr. „Ich war nur im Keller.“ Uwe Mundlos war mit dabei, Apels Cousine Beate Zschäpe auch, Uwe Böhnhardt nicht. In den 1990er Jahren gab es in Ludwigsburg einen regen Besuchsverkehr aus Sachsen und Thüringen. Den NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags interessiert das sehr, beschäftigt er sich doch mit der Frage, ob die Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Baden-Württemberg auf Unterstützer zurückgreifen konnten.

 

Die Bundesanwaltschaft rechnet Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe dem NSU zu, sonst niemand. In Mundlos und Böhnhardt erkennt sie die Täter des Heilbronner Polizistenanschlags, bei dem Michèle Kiesewetter ermordet und ihr Streifenpartner Martin A. schwer verletzt wurde. Zschäpes Cousin Apel kannte die beiden gut aus Schultagen und aus der rechten Szene in Jena. Bomberjacke, Springerstiefel – Apel bespielte damals das volle Programm.

Mühsame Befragungen

Die Befragung im Untersuchungsausschuss stellt sich allerdings sehr mühsam dar. Wie viele andere Zeugen zeigt Apel wenig Bereitschaft, sich auf jene Zeit vor dem Abtauchen des NSU-Trios in den Untergrund im Jahr 1998 einzulassen. Es sei doch jedes Mal sehr belastend. Als der NSU aufflog, sei die Familie monatelang von Reportern belagert worden. Die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss wirken ratlos. „Waren Sie mal bei einem Rudolf-Heß-Gedenktag“, will der Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius wissen. Apel antwortet: „Weiß ich nicht.“ Eine andere, programmatisch zu verstehende Antwort lautet: „Man hat halt viel getrunken.“ Tatsächlich trank sich der Ludwigsburger Neonazi Ellinger 2003 auch zu Tode.

Apel sagt, seit dem Abtauchen des Trios habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Cousine Zschäpe. Aus der Untersuchungshaft habe sie ihm zwei Mal geschrieben, er antwortete aber nicht, sagt Apel. Zu Beate Zschäpe habe er immer ein gutes Verhältnis gehabt, mit Mundlos sei es aber irgendwann zum Streit gekommen. Dieser habe ihn einen Trinker und einen „Assi“ gescholten. Mundlos sei durchaus gebildet gewesen, habe Sport getrieben und das Trinken aufgegeben. Böhnhardt beschreibt er als aggressiv und verschlossen. „Der lebte ganz in seiner eigenen Welt.“

Leiter der Sonderkommission kritisiert Verfassungsschutz

Der ehemalige Leiter der Sonderkommission „Rex“ gegen die rechte Szene in Thüringen, Günther Hollandt, hatte zuvor dem Untersuchungsausschuss von Problemen bei den Ermittlungen berichtet. Ihm seien in den 1990er Jahren von den eigenen Leuten, aber auch vom Verfassungsschutz Steine in den Weg gelegt worden, sagt er. „Sämtliche Verfahren, die wir bearbeitet haben, sind irgendwo im Sande verlaufen. Es war für mich irgendwo frustrierend.“ Insbesondere die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz in Thüringen bezeichnet er als schwierig. Die Geheimen hätten den Schutz ihrer Quellen über die Aufklärung von Verbrechen gestellt. Es habe in der Soko auch einen Maulwurf gegeben. Geplante Maßnahmen der Polizei seien in der Szene bekannt gewesen. Zu den Gründen, aus denen die Soko 1996 nach eineinhalb Jahren überraschend aufgelöst wurde, meint Hollandt: „Wir waren zu aktiv und zu dicht dran, und der Verfassungsschutz hatte einfach Angst, dass wir ihnen das Wasser abgraben.“ Über NSU-Bezüge zu Baden-Württemberg weiß der Kriminalist Hollandt nichts zu berichten.

Wolfgang Drexler (SPD), der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, nennt die Verhältnisse bei Polizei und Verfassungsschutz zumindest in der damaligen Zeit „schlimmer, als man gedacht hat“. Der CDU-Abgeordnete Arnulf von Eyb empfindet die Schilderungen Hollandts als „schwer zu verdauen“.