Dort, wo in Nürtingen vor gut drei Jahren ein Sohn seine Mutter getötet hat, könnte wieder ein gleichartiges Haus gebaut werden. Der Preis kommt einigen ziemlich hoch vor.

Nürtingen - Die Kommentare im Netz zielen alle in eine ähnliche Richtung: „600 000 für eine Ruine“, „net mal geschenkt“, „Ich würde es zum Hostel ausbauen. Abenteuer-Übernachtung im Horrorhaus inklusive Spukeinlagen.“

 

Die Diskussion in der Facebook-Gruppe „Nürtingen – was uns bewegt“ dreht sich um ein Haus, das vor rund drei Jahren der Schauplatz einer schrecklichen Bluttat war und das jetzt samt Grundstück für 595 000 Euro auf dem Internet-Portal Immobilienscout zum Verkauf angeboten wird. Das Anwesen war in die Schlagzeilen geraten, weil dort Anfang Oktober 2014 ein damals 42-Jähriger im Wahn seine 69-jährige Mutter umgebracht hat.

Ein 42-Jähriger tötet im Wahn seine Mutter mit der Axt

Der Sohn war nachts über die schlafende Frau hergefallen. Wie sich später während des Prozesses am Landgericht Stuttgart herausstellte, soll ihn die Stimme einer germanischen Göttin zu der Tat angestiftet haben. Er würgte seine Mutter, stach ihr mehrfach in den Oberkörper und schlug 41 Mal mit einer Axt zu. Eine Gutachterin attestierte dem Angeklagten eine schizo-affektive sowie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Das Gericht stufte ihn als nicht schuldfähig ein und ordnete die Unterbringung in einer Psychiatrie an.

Doch damit nicht genug. Im folgenden November musste die Feuerwehr zwei Mal zu dem in den Plätschwiesen entlang der vierspurigen B 313 gelegenen Anwesen bei Nürtingen-Oberensingen ausrücken. Ein dritter Brand Mitte Dezember zerstörte das Haus schließlich komplett. In allen drei Fällen handelte es sich um Brandstiftung. Bis heute hat die Polizei die Täter nicht finden können.

Grundstück befindet sich im Überschwemmungsgebiet

Ob sich das Haus in Besitz des Sohnes befindet und nun mittels eines amtlich bestellten Vormunds veräußert werden soll, ist unklar. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne die Stadt zu Besitzverhältnissen keine Angaben machen, erklärt der Nürtinger Rathaussprecher Clint Metzger. Die Stadt selbst habe zwar ein Vorkaufsrecht gehabt, in diesem Fall jedoch keinen Gebrauch davon gemacht. Die Preisvorstellungen des Eigentümers und jene der Stadt seien weit auseinander gegangen, erklärt der Sprecher. Insofern deckt sich die Einschätzung der Stadt mit Äußerungen von Facebook-Nutzern, die zuweilen einen sarkastischen Unterton annehmen. „Das Dach müsste eventuell ausgebessert werden“, lautet einer dieser Kommentare.

Baurechtlich gesehen liegt das knapp 900 Quadratmeter große Grundstück mit dem Abbruchhaus in einem sogenannten Außenbereich und zudem noch im Überschwemmungsgebiet. Clint Metzger zufolge gibt es zwar eine Baugenehmigung, die wegen der besonderen Lage allerdings mit Auflagen verbunden ist. So könne an derselben Stelle in gleichartiger Weise ein Haus in derselben Größe errichtet werden. Auf Immobilienscout wird auf die Vorzüge der Lage hingewiesen: „Zwei Minuten zur A 8, 25 Minuten bis Stuttgart-Mitte“.