Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Menschen in prekären sozialen Verhältnissen haben mit die schlechtesten Karten. Der Tagestreff fordert mehr Aufnahmeplätze und eine Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus.

Nürtingen - Drei Aufnahmeplätze hat der Tagestreff für Wohnungslose in Nürtingen. Damit bietet die Einrichtung Menschen in Not eine Betreuung und ein Dach über dem Kopf. Doch diese Kapazitäten reichen bei weitem nicht, um der Nachfrage gerecht zu werden. Nicht nur in Nürtingen, sondern im ganzen Kreis Esslingen müsse rasch zusätzlicher Wohnraum für Obdachlose geschaffen werden, forderte der Tagestreff jetzt beim Besuch einer Delegation der Grünen in Nürtingen.

 

Billige Absteigen sind ein Notnagel

„Uns treibt die Sorge um, dass unser Personenkreis auf der langen Bank immer weiter nach hinten durchrutscht“, sagt Regine Glück. Um die Situation zu entschärfen, wäre laut der Leiterin des Tagestreffs ein Ausbau von dezentralen Aufnahmeplätzen dringend erforderlich.

Derzeit gebe es im Kreisgebiet 46 solcher Plätze. „Da brauchen wir viel mehr“, sagt Glück, die bei dem Träger Evangelische Gesellschaft (Eva) die Dienste für Menschen in Armut und Wohnungsnot im Landkreis Esslingen leitet. In der Stadt Esslingen gibt es Plätze in der Schlachthausstraße und im „Berberdorf“. Doch auch dort sind die Kapazitäten ausgereizt. Mangels Alternativen würden in Esslingen Obdachlose in Billighotels untergebracht, die Regine Glück zufolge „teils furchtbare Absteigen sind“. Für Menschen, die häufig Suchtprobleme haben, langzeitarbeitslos sind und unter Depressionen leiden, ist dies eine zusätzliche Belastung.

Versäumnisse im sozialen Wohnungsbau rächen sich

Das Ziel der Betreuung, die Mitarbeiter in den Häusern und Fachberatungsstellen der Eva leisten, ist, dass Betroffene mit Unterstützung eine Arbeit und damit einen Weg aus dem Sumpf zurück ins Leben finden. Ein Dach über dem Kopf ist dafür eine wichtige Voraussetzung. Doch der freie Markt bezahlbarer Wohnungen ist leer gefegt. Regine Glück spürt, wie sich die Versäumnisse im sozialen Wohnungsbau nun rächen. In den vergangenen zwei Jahren habe sich die Situation massiv verschärft.

Es fehlt an Wohnraum und an Personal

Die drei Plätze im Nürtinger Tagestreff sind eigentlich nur für eine vorübergehende Aufnahme gedacht. In der Praxis aber sind sie langfristig von denselben Obdachlosen belegt. Laut Harry Held von der Fachberatungsstelle im Treff liegt dies nicht nur an fehlendem Wohnraum. Hinzu kommt, dass diese Menschen ohne Betreuung nicht auskommen. Regine Glück mahnt daher nicht nur einen Ausbau von Aufnahmeplätzen, sondern auch eine personelle Aufstockung in den Fachberatungsstellen an.

Auch Flüchtlinge benötigen bezahlbare Wohnungen

Der Kirchheimer grüne Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz setzt seine Hoffnungen in ein Bund-Länder-Programm für sozialen Wohnungsbau. Dabei wolle die Landesregierung mit einem Konzept für Quartiersmanagement sozialen Spannungen vorbeugen. In der dicht besiedelten Region fehlt es indessen allenthalben an Flächen für bezahlbaren Wohnraum. Auch vor dem Hintergrund des anhaltenden Stroms von Flüchtlingen, die ebenfalls auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, dachte die grüne Regionalrätin Ingrid Grischtschenko, laut nach: „Vielleicht heißt das für die Region auch die eine oder andere Flächenausweisung mehr.“