Der Gemeinderat kann sich aus finanziellen Gründen nicht zu einer Modernisierung durchringen.

Nürtingen - Nach etwa einer halben Stunde leitet Otmar Heirich in der Gemeinderatssitzung am Dienstag den geordneten Rückzug ein. Der Nürtinger Oberbürgermeister hat während der vorangegangenen halbstündigen Debatte gemerkt, dass eine Mehrheit im Ratsrund für eine Modernisierung des Hölderlinhauses fraglich ist. Mehrere Stadträte hatten durchblicken lassen, dass sie aus finanziellen Gründen den von der Verwaltung vorgeschlagenen Weg zumindest an diesem Abend nicht mitgehen werden.

 

Oberbürgermeister nimmt den Punkt von der Tagesordnung

Heirich nahm den Punkt Bildungszentrum Schloßberg, zu dem das Hölderlinhaus zusammen mit der Schloßberg- und der Musikschule ausgebaut werden soll, daher von der Tagesordnung. Der OB will den Stadträten das Finanzierungskonzept nun erst einmal nichtöffentlich im Detail erläutern. Heirich reagiert damit auf Kritik, wonach die Angaben bisher zu dürftig seien.

Bereits einige Tage vor der Sitzung hatte die Verwaltungsspitze bei einer eigens angesetzten Pressekonferenz für das Projekt geworben. Das sanierungsbedürftige Gebäude, in dem Friedrich Hölderlin aufgewachsen ist, soll ausgebaut werden, um der Volkshochschule eine Zukunftsperspektive geben. Geplant ist zudem eine Dauerausstellung zum Gedenken an Hölderlin. Rechtzeitig zum 20. März 2020 – dem 250. Geburtstag des Dichters – soll die Modernisierung des Hauses abgeschlossen sein. Mit Kosten von 4,6 Millionen Euro für das Gesamtpaket rechnet die Stadt. 2,6 Millionen seien für eine reine Sanierung des Gebäudes ohnehin fällig. Sattele man noch einmal zwei Millionen Euro drauf, erhalte Nürtingen die große und auf Dauer nachhaltigere Lösung, warb Otmar Heirich um Zustimmung. Die Zeit dränge, denn wenn der Gemeinderat das Signal nicht rasch auf Grün stelle, sei die Modernisierung bis zum Jubiläum nicht zu schaffen.

Stadträte befürchten weiteres Veto des Regierungspräsidiums

Zur Finanzierung sollen über drei Jahre verteilt mehr als zwei Millionen Euro im Haushalt zusätzlich bereit gestellt werden. Dafür müssten andere Sanierungsprojekte auf der Warteliste weiter nach unten rutschen. Die Stadträte wollen indessen erst wissen, welche Vorhaben davon betroffen wären. Außerdem bezweifeln viele, dass sich die Haushaltslage der Stadt wie von der Verwaltung angedeutet tatsächlich so weit entspannt hat, dass eine Modernisierung des Hölderlinhauses vertretbar ist. Das Gremium hatte erst im März das Projekt Bildungszentrum bis auf weiteres auf Eis gelegt, nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart der Stadt Nürtingen wegen der drohenden hohen Verschuldung die gelbe Karte gezeigt hatte. Die Stadträte fürchten, sich erneut einen Rüffel der Aufsichtsbehörde einzuhandeln.

Der Stadtrat Raimund Braun (NT 14) regte eine Modernisierung des Hauses im Bestand – ohne den geplanten Ausbau – an. „Es muss nicht immer die de-luxe-Variante sein“, sagte er. „Ohne Vorbehalte“ unterstützt indessen Thomas Schmidt, der Leiter der Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten am Marbacher Literaturarchiv, die Konzeption für die Hölderlin-Gedenkstätte. Marbach stellt Nürtingen dafür einen Ausschuss im mittleren fünfstelligen Bereich in Aussicht.