Der Ratschef tritt nicht mehr an und einige Stadträte hören auf. Kommt es zu einem politischen Wandel in Nürtingen?

Nürtingen - Für kommunalpolitisch interessierte Menschen in Nürtingen hält das nächste Frühjahr einen doppelten Paukenschlag bereit. Gleich zwei Mal sind die Bürger binnen kurzem zur Stimmabgabe aufgefordert. Am 5. Mai findet die Oberbürgermeisterwahl statt. Und am 26. Mai entscheiden die Wahlberechtigten dann bei der Kommunalwahl über die Zusammensetzung des neuen Gemeinderats.

 

Routineveranstaltungen werden beide Wahlen nicht sein. Wenn die Bürger am ersten Sonntag des Monats Mai zur Urne schreiten, wird der Amtsinhaber nicht mehr zur Wahl stehen. Der Oberbürgermeister Otmar Heirich (SPD) hat sich entschieden, dass er nach 16 Jahren an der Spitze der Stadtverwaltung nicht erneut antreten, sondern zum 31. Juli in den Ruhestand treten wird. Zwar hätte der 67-Jährige noch ein drittes Mal kandidieren können, hätte im Fall einer Wiederwahl altershalber jedoch nur eine halbe Amtszeit voll machen können. Otmar Heirich, der zuletzt eine schwere Krankheit überstanden hat, entschied sich letztlich zum Verzicht.

Bislang gibt es nur einen Interessenten

Potenzielle Nachfolger müssen sich bald entscheiden. Die Ausschreibung wird am 26. Januar erfolgen. Als einziger hat bisher der Wolfschlugener Bürgermeister Matthias Ruckh erklärt, dass er seinen Hut in den Ring werfen will. Der 48-Jährige ist in der Hölderlinstadt kein Unbekannter. Mehr als zwölf Jahre lang war der Diplom-Verwaltungswirt Ortsvorsteher der Nürtinger Teilorte Reudern und Raidwangen. Außerdem wohnt der Bürgermeister von Wolfschlugen mit seiner Familie nach wie vor in Nürtingen.

Nicht nur die Rathausspitze, sondern auch der Gemeinderat wird sein Gesicht im Frühling verändern. Rund ein Fünftel des Gremiums lässt sich meist aus Altersgründen nicht mehr für die Kommunalwahl am 26. Mai aufstellen. Spannend ist die Frage, ob es nach der Wahl auch zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Gemeinderat kommt. In der Stadt hat in den vergangenen zwei Jahren vor allem ein Reizthema die Gemüter bewegt. Der Streit um den geplanten Bau eines Hotels am Nürtinger Neckar durch den Reutlinger Investor Hans-Joachim Neveling hat eine Bürgerinitiative auf den Plan gerufen, die 4701 Stimmen gegen das Vorhaben gesammelt hat.

Streit um geplantes Hotel

Das Drei-Sterne-Haus wurde als zu massiv empfunden, und es wurde kritisiert, dass zwischen dem Gebäude der Freien Kunstakademie und der Stadtbrücke zu wenig öffentlich zugängliche Freiflächen übrig bleiben würden. Die Pläne wurden zwar modifiziert, doch der nach einem umstrittenen Bürgerbeteiligungsverfahren jetzt auch dem Tisch liegende Gestaltungsvorschlag für den Bereich haben zu keiner Entspannung der Lage geführt.

So wie schon vor Jahren das Tauziehen um den geplanten Wohnpark Wörth am Neckar – der bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren die Fraktion NT 14 ins Kommunalparlament gebracht hat – wird auch der Konflikt um das Hotel das Wahlergebnis im nächsten Jahr beeinflussen. Für den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Oberbürgermeister Otmar Heirich wird es auch darum gehen, den Streit über das Neckarufer einzudämmen. Einige in der Stadt befürchten indessen, dass Heirich noch vor dem Ende seiner Amtszeit Fakten schaffen könnte. Der OB hatte sich gegen einen Bürgerentscheid ausgesprochen mit der Begründung, dass ein solcher zu Gräben in der Bevölkerung führen würde.