Die Zahl der Besucher der Villa Domnick hat sich beinahe verdreifacht. Das neue Konzept geht auf.

Nürtingen - Konrad Botzenhart, der an diesem Donnerstag seinen 80. Geburtstag in der Villa Domnick feiert, steht für die Zukunft. Er weiß es nur nicht. Seit die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg das einzigartige Ensemble aus Gemälden, Skulpturen und Architektur auf der Oberensinger Höhe bei Nürtingen übernommen haben, weht dort ein frischer Wind. Das Gebäude, das sich der Stuttgarter Nervenarzt Ottomar Domnick im Jahr 1967 von dem Architekten Paul Stohrer als Wohnhaus und als Hülle für seine hochkarätige Sammlung der klassischen Moderne hat maßschneidern lassen, ist aus seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst worden.

 

Aus dem allenfalls Liebhabern bekannten Hort der Abgeschiedenheit ist ein Ort der offenen Türen geworden. Das lässt sich auch an den Besucherzahlen ablesen. „Im Jahr 2016, dem Jahr vor der Übernahme, sind 1836 Besucher gezählt worden. In diesem Jahr haben wir gerade den 5000sten Besucher begrüßt“, sagt Michael Hörmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. „Das ist sensationell. Es ist uns gelungen, die Sammlung Domnick als ein attraktives Ausflugsziel in der Region zu etablieren“, so lautet sein Fazit. Parallel zu den Besucherzahlen sind auch die Erlöse gestiegen – Hörmanns Worten zufolge von 20 000 Euro im Jahr 2016 auf rund 50 000 Euro im laufenden Jahr.

Aus historischen Gemäuern attraktive Ausflugsziele machen

Die Staatlichen Schlösser und Gärten, als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts im Eigenbetrieb Vermögen und Bau des Landes angesiedelt und der Aufsicht des baden-württembergischen Finanzministeriums unterstellt, haben die Sammlung Domnick im Januar 2017 unter ihre Fittiche genommen. Der landeseigene Betrieb, der neben der Villa Domnick noch 59 weitere Schmuckstücke aus dem historischen Landeserbe, vom Heidelberger Schloss über das Schloss in Kirchheim bis hin zur Burg Hohenneuffen, vermarktet, versteht sich „als konsequent kulturtouristischer Anbieter“. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich das Anliegen, aus meist historischen Gemäuern attraktive Ausflugsziele zu machen.

Im Falle der Villa, die in aller Abgeschiedenheit auf einem Höhenzug über dem Flüsschen Aich thront, war das nicht einfach. „Ich erinnere mich an einen Spaziergänger, der beim Blick auf das geduckte Gebäude durch das zufällig geöffnete Tor gesagt hat, „das ist ja doch kein Wasserwerk“, sagt Vera Romeu, bei der vor Ort die Fäden zusammenlaufen.

Eine Geburtstagsfeier, wie die von Konrad Botzenhart, wäre vor Jahren ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Jetzt bietet sich die Villa, wenn auch nur im streng begrenzten Rahmen, als Raum für private Feste an – und für Trauungen. „Wir sind Außenstelle des Standesamts Nürtingen“, sagt Vera Romeu. Eine Hochzeit in der Villa Domnick, das kommt ihrem Anliegen, die junge Generation für das Liaison aus Kunst und Architektur zu begeistern, ideal entgegen. „Es sind ja meist junge Leute, die heiraten. Die sind ihr Leben lang emotional mit uns verbunden“, sagt die Kulturwissenschaftlerin, die konsequent daran arbeitet, die Villa Domnick aus dem Elfenbeinturm der Kunst zu befreien.

Das emotionale Erlebnis im Mittelpunkt

„Den Menschen nicht nur ein Museum zeigen, sondern ihnen ein emotionales Erlebnis bieten, das ist unsere Richtschnur“, sagt Vera Romeu. Der im Jahr 1989 in Nürtingen gestorbene Ottomar Domnick und seine Frau Greta seien Kunstfreunde, Sportwagen-Sammler, Experimentalfilmer und Ausstellungsmacher in einer spannenden Zeit gewesen. Dieses „Wow-was-waren-das-für-tolle-Leute-Gefühl“ wolle sie den Besuchern vermitteln.

Das passiert immer häufiger auch außerhalb der offiziellen Öffnungstage am Wochenende. Bei Führungen, Filmeabenden, Konzerten, aber auch bei der Präsentation eines von Schülern geschriebenen Romans oder der Öffnung des Hauses für Kunsttherapie-Klassen herrscht reger Betrieb in den Räumen des Bungalows.

Die Villa Domnick birgt eine herausragende Sammlung abstrakter Malerei und Plastik. In dem von dem Stuttgarter Architekten Paul Stohrer im Jahr 1967 entworfenen Haus sind alle großen Namen der Kunstszene der unmittelbaren Nachkriegszeit vertreten. Der Sammler Ottomar Domnick (1907-1989) war Neurologe mit eigener Klinik in Stuttgart. Er hat sich auch als Filmautor und Förderer der Musik einen Namen gemacht. Eine von ihm und seiner Frau Greta gegründete Stiftung hat den Auftrag, seine Kulturarbeit fortzuführen.

Die Staatlichen Schlösser und Gärten haben das aus Villa, Garten und Gemälden bestehende Gesamtkunstwerk der Moderne im Januar 2017 übernommen. Der Landesbetrieb betreibt 60 historischen Monumente in Baden-Württemberg. Seit Gründung des Betriebs im Jahr 2009 ist die Zahl der Besucher landesweit von 2,9 auf 3,9 Millionen gestiegen.