Die brutalen Attacken zweier verfeindeter Gruppierungen in Nürtingen und Plochingen weisen Parallelen zum einstigen Konflikt zwischen den Banden Black Jackets und Red Legion auf. Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Taten laufen auf Hochtouren.

Nürtingen/Plochingen - Noch lebhaft in Erinnerung sind im Landkreis Esslingen die brutalen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten rockerähnlichen Banden der Black Jackets und der Red Legion. Die jüngsten blutigen Attacken in Nürtingen und Plochingen weisen durchaus Parallelen zu diesen einige Jahre zurückliegenden Straftaten auf. Bei den jüngsten Fehden am 8. und 13. Februar wurden in den beiden Städten vier junge Männer verletzt, drei davon schwer – zwei durch Messerstiche, einer wurde zudem angeschossen. Sowohl die in beiden Fällen teilweise identischen Tatverdächtigen als auch die Opfer hüllen sich beharrlich in Schweigen.

 

Ermittlungsgruppe von 16 auf 20 Beamte aufgestockt

Die Ermittler scheuen sich zwar, von einem neuerlichen Bandenkrieg zu sprechen. Doch dass es sich „um Gruppierungen handelt, zwischen denen ein Konflikt schwelt, kann ich bestätigen“, sagt Michael Schaal, ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen. Über die Hintergründe der brutalen Attacken „können wir derzeit keine Angaben machen“. Eine inzwischen von 16 auf 20 Beamte aufgestockte Ermittlungsgruppe sei für beide Fälle zuständig, sagt Schaal. Es gebe Anhaltspunkte dafür, „dass beide Auseinandersetzungen konkret miteinander zu tun haben könnten“. Allerdings gestalteten sich die Ermittlungen weiterhin ungemein schwierig, da die Beteiligten gänzlich unkooperativ seien. „Es wäre leichter, wenn man Opfer hätte, die über die Täter etwas sagen würden“, erklärt Michael Schaal. So aber sei noch nicht einmal klar, wie viele Personen insgesamt an den bewaffneten Überfällen in Nürtingen und Plochingen beteiligt gewesen seien.

Zum Verdacht, die beiden verfeindeten Gruppierungen könnten ähnlich strukturiert sein wie einst die Black Jackets und die Red Legion, äußern sich weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Auch auf die Frage, ob es sich bei einer der Gruppierungen möglicherweise um eine Art Nachfolgeorganisation der im März 2013 verbotenen Red Legion handelt, die sich dem Vernehmen nach den Namen „Team Red“ gegeben haben soll, gibt es keine Antwort. Das sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, sagt Michael Allmendinger, ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, „dazu geben wir keine weiteren Auskünfte“. Auch dem Landeskriminalamt sind laut einem Sprecher keine Nachfolgeorganisationen der Red Legion bekannt.

Fünf Tatverdächtige in Untersuchungshaft

Der Staatsanwaltschaftssprecher Michael Allmendinger bestätigt allerdings auf Anfrage unsere Zeitung, dass die Polizei im Rahmen der Fahndung im Anschluss an die Messerstecherei in Nürtingen auf einen mit einer Pistole bewaffneten Mann gestoßen sei. Dieser habe bei einer Personenkontrolle eine geladene und vorgespannte Schusswaffe griffbereit in seiner Tasche gehabt. Allerdings habe bislang keine Verbindung des Mannes zu der vorhergehenden Messerstecherei festgestellt werden können.

Weshalb die beiden Gruppierungen in Nürtingen und Plochingen mit Messern und sogar Schusswaffen aufeinander losgingen, soll die Ermittlungskommission herausfinden. Laut dem Polizeisprecher Michael Schaal wäre es denkbar, dass es zwischen den beiden Gruppen offene Rechnungen zu begleichen gegeben habe oder dass der Überfall in Plochingen ein Racheakt für den Streit in Nürtingen gewesen sein könnte. Aber das seien Vermutungen, Erkenntnisse dazu lägen zum jetzigen Stand der Ermittlungen nicht vor.

In beiden Fällen gehen die Beamten von versuchten Tötungsdelikten aus. In Nürtingen war ein 19-Jähriger am 8. Februar durch Messerstiche und -schnitte so schwer verletzt worden, dass sein Leben nur dank einer Notoperation gerettet werden konnte. Ein 22-Jähriger war mit leichten Verletzungen davongekommen. Nur fünf Tage später rückte die Polizei mit einem Großaufgebot nach Plochingen aus. Dort waren bei einer Auseinandersetzung zwei 29 und 21 Jahre alte Männer schwer verletzt worden. Fünf Tatverdächtige befinden sich bislang in Untersuchungshaft.