Die Nürtinger stimmen am 25. Juni über zwei geplante Unterkünfte für anerkannte Flüchtlinge in der Nähe von Friedhöfen ab.

Nürtingen - Sollen im Nürtinger Teilort Reudern und im Gebiet Braike jeweils in unmittelbarer Nähe zu einem Friedhof Häuser für anerkannte Flüchtlinge gebaut werden? Über diese Frage stimmen nun die Bürger ab. Nachdem der Gemeinderat im Oktober die Bebauung beschlossen hatte, erklärte das Gremium ein Bürgerbegehren gegen diese Pläne nun für zulässig. Als Termin für den Bürgerentscheid ist der Sonntag, 25. Juni, festgesetzt worden.

 

Verwaltung hat mit Kompromissvorschlag kein Glück

Beim Waldfriedhof in der Braike sollen laut dem Gemeinderatsbeschluss vom 11. Oktober drei Gebäude für 82 Menschen erstellt werden. Ebenfalls drei Häuser sind neben dem Reuderner Friedhof geplant, dort will die Stadt Nürtingen im Rahmen der Anschlussunterbringung 48 Flüchtlinge einquartieren.

Der Oberbürgermeister Otmar Heirich erklärte in der Sitzung am Dienstagabend, dass die Verwaltung sich in Gesprächen mit Anwohnern bereit erklärt habe, die Zahl der Gebäude an beiden Standorten auf zwei zu reduzieren. In Reudern hätte sich die Zahl der Bewohner somit auf 32 verringert. Doch auf einen solchen Kompromiss wollte sich die Initiative weder in Reudern noch in der Braike einlassen.

Initiative: Friedhof soll „Oase der Ruhe“ bleiben

In der Sitzung erhielten Vertreter der Bürgerinitiative Friedhöfe Nürtingen die Gelegenheit, ihre Gründe für die Ablehnung darzulegen. Laut Heidi Buchfink aus Reudern sorgen sich viele der rund 2700 Bürger dort um die Erhaltung des dörflichen Charakters. Das Grundstück im Marbachweg zehn Meter gegenüber dem Friedhof sei ungeeignet, auch weil die Flüchtlinge dann auf zu engem Raum leben würden.

Viele Reuderner befürchteten eine Einschränkung der Lebensqualität im Flecken. „Für die Integration der Menschen ist es wichtig, dass sich Bewohner und Flüchtlinge wohlfühlen“, sagte Heidi Buchfink. Dabei gäbe es Standortalternativen in Reudern, so die Initiativenvertreterin. „Leider werden diese Grundstücke aus uns nicht bekannten Gründen aber verschwiegen“, monierte Heidi Buchfink.

„Es kann doch nicht in Ihrem Interesse sein, sich gegen so viele Bürger zu stellen“, sagte Wolfgang Menrad, Vertrauensmann aus der Braike, in Richtung der Verwaltungsspitze und des Gemeinderats. Mehr als 3000 Bürger haben gegen die Bebauungspläne auf der Liste der Initiative unterschrieben – mehr als genug, um das Bürgerbegehren in Gang zu setzen. Rund 30 000 Menschen besuchen jährlich den Waldfriedhof, mit dem die Stadt auf ihrer Homepage als „Oase der Ruhe“ wirbt. Sollten jedoch die Baupläne verwirklicht werden, würde der Ort „total umgestaltet“.

In Korntal scheitern die Gegner einer Bebauung

Zu dem Bündel von Argumenten gegen eine Bebauung im Breiten Weg zähle auch der Respekt gegenüber den Flüchtlingen. „Sie sähen sich tagtäglich mit Leichenwagen und Totenglöckchen konfrontiert“, sagte Wolfgang Menrad und merkte an, dass Willkommenskultur anders aussehe. Menrad kritisierte schließlich auch, dass der Gemeinderat seinen Oktoberbeschluss im Eiltempo gefasst hat.

„Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 11. Oktober 2016 aufgehoben wird?“ Über diese Frage sollen die Nürtinger am 25. Juni abstimmen. Um das Quorum von 20 Prozent zu erreichen, müssten rund 6300 Wahlberechtigte zur Urne schreiten. In Korntal-Münchingen (Kreis Ludwigsburg) gab es im vergangenen Oktober einen Bürgerentscheid gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft am Korntaler Friedhof. Die Gegner der Bebauung unterlagen jedoch.