Bei einer Messerstecherei in der Innenstadt bleibt ein Beteiligter schwer verletzt zurück. Die Tat weckt ungute Erinnerungen in Nürtingen.

Nürtingen - Zwei Gruppen rivalisierender Jugendlicher, eine aufgeheizte Stimmung und mindestens ein Messer – das waren die Zutaten einer Auseinandersetzung, die am Samstagabend gegen 22 Uhr in der Nürtinger Innenstadt komplett aus dem Ruder gelaufen ist. Am Ende des Hauens und Stechens blieb ein junger Mann mit schweren Stich- und Schnittverletzungen auf der Straße liegen. Er wurde noch in der Nacht notoperiert, ein Notarzt hatte ihn am Tatort versorgt, dann hatte man ihn ins Krankenhaus gebracht. Angaben der Polizei zufolge befindet sich der Mann inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr.

 

Ein weiterer Beteiligter war mit leichten Verletzungen davongekommen und konnte nach einer ambulanten Behandlung das Krankenhaus wieder verlassen. Die meisten der Schläger aber, die laut der Polizei alle dunkel gekleidet waren und größtenteils Mützen trugen, hatten Reißaus genommen, bevor die Polizei am Ort des Geschehens in der Frickenhäuser Straße unweit der Mörikeschule aufkreuzte. Zeugen der Schlägerei hatten die Beamten alarmiert.

Verdächtige Wohung gestürmt

Dafür rückten noch in der Nacht Spezialkräfte des Polizeipräsidiums in Reutlingen nach Nürtingen aus, um eine verdächtige Wohnung zu stürmen. Im Zuge der Fahndung, bei der auch Polizeihunde eingesetzt wurden, ist ein 20 Jahre alter Mann vorläufig festgenommen worden. Die Polizei vermutet, dass er an der Auseinandersetzung beteiligt war.

Das nächtliche Geschehen hat in der Stadt ungute Erinnerungen geweckt. Erst vor gut einem halben Jahr, am 4. Juli, hatte es eine Messerstecherei in Nürtingen gegeben, die um ein Haar tödlich ausgegangen wäre. Der Leidtragende war damals ein 27 Jahre alter Mann, der ebenfalls in der Innenstadt auf offener Straße niedergestochen worden war. Auch er musste notoperiert werden und leidet noch heute unter den traumatischen Folgen des Geschehens. Zurzeit müssen sich die Täter, fünf Jugendliche, vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Ihnen wird versuchter Mord vorgeworfen.

Messer im Rücken

Der Haupttäter, ein 19 Jahre alter junger Mann, hat den folgenschweren Messerstich vor Gericht inzwischen zugegeben. Ein T-Shirt mit der Aufschrift „Nürtinger Hurensöhne“ hatte die Angeklagten rotsehen lassen. Als ihr 27 Jahre altes Opfer, das das T-Shirt trug, arglos auf seinem Longboard die Straße am Kührain herunterrollte, rannten ihm die Jugendlichen hinterher. Unter angekommen, rammte der 19-Jährige seinem ahnungslosen Opfer das Messer in den Rücken. Erst nach mehreren Schlägen ins Gesicht und Fußtritten gegen den hilflos am Boden liegende Mann ließen die Täter von ihrem Opfer ab.

Der T-Shirt-Aufdruck, von dem sich die Jugendlichen provoziert gefühlt hatten, war selbstironisch gemeint. Er steht für den Titel eines Songs, den die inzwischen nicht mehr existierende Nürtinger Punkband Roidige Hunde komponiert hat. Der 27 Jahre alte T-Shirt-Träger war ein Mitglied der Musikgruppe gewesen.

Die Polizei ist den Tätern, die schon wegen Körperverletzung und ähnlicher Delikte mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren, wenige Tage nach der Tat auf die Spur gekommen. Die entscheidenden Hinweise hatten sich bei der Auswertung von Filmaufnahmen ergeben, welche die Überwachungskamera einer Bank gemacht hatte. Ob sich die Polizei auch bei der Aufklärung des aktuellen Falls auf Videoaufzeichnungen stützen kann, wollte ein Sprecher mit dem Verweis auf ermittlungstaktische Erwägungen weder bestätigen noch dementieren.