Der Räumungsverkauf im Nürtinger Kaufhaus Hauber klingt jetzt aus. Eine langjährige Mitarbeiterin und eine Stammkundin blicken mit Wehmut auf bessere Zeiten zurück.

Nürtingen - Gisela Auch hat nie woanders gearbeitet, und sie wird auch keine andere Stelle mehr annehmen. Als 16-Jährige hat sie im Nürtinger Kaufhaus Hauber ihre Ausbildung als Einzelhandelskauffrau begonnen. Jetzt, mit 64 Jahren, geht mit der Schließung des Kaufhauses zum 31. Juli auch ihr Berufsleben zu Ende. Noch hat es Gisela Auch nicht richtig realisiert, aber es wird ihr ein Teil ihres bisherigen Lebens genommen. „Hauber ist für mich eine zweite Heimat, eine zweite Familie“, sagt die mit fast 49 Jahren Betriebszugehörigkeit dienstälteste Mitarbeiterin.

 

Mit dem Handwägele den Umzug gemeistert

Was bleibt, sind die Erinnerungen an bessere Tage. Gisela Auch hat noch am alten Standort des Traditionshauses beim Lammbrunnen gearbeitet. Sie weiß noch, wie sie und ihre Kollegen im September 1969 beim Umzug in das neue Einkaufszentrum NC „mit dem Handwägele Waren rübergezogen“ haben.

In der Ausbildung hat Gisela Auch alle Bereiche durchlaufen. In den 1970er-Jahren dann fand sie ihren festen Platz in der Herrenabteilung, in der es damals noch Sportartikel gab. Präsent ist ihr noch, wie sie einmal zusammen mit ihrem Chef Langlaufskier der Marke Muckle montiert hat. „Da haben wir Blasen bekommen, das sind alles Erlebnisse, von denen man zehrt“, sagt die Filderstädterin.

Die 250-Jahr-Feier erlebt das Unternehmen nicht mehr

Skier sind bei Hauber schon lange passé, und das Kaufhaus Hauber ereilt nun dasselbe Schicksal wie die Schwarzwälder Firma Muckle aus Furtwangen, die vor 25 Jahren aufgeben musste. Veränderungen hat es nicht nur im Sortiment bei Hauber gegeben, sondern beispielsweise auch im Kaufverhalten der Kunden. Vielen ist eine kompetente Beratung nicht mehr so wichtig, was zählt ist allein der Preis.

Der Trend zum Online-Handel hat auch Hauber zu schaffen gemacht. Dies sind laut dem Inhaber Joerg Hauber zwei von mehreren Gründen, die in den vergangenen zehn Jahren zu Umsatzeinbußen von 20 Prozent geführt haben. Auch weil er keinen Nachfolger fand, sah Joerg Hauber jetzt keinen anderen Weg mehr, als das vor 249 Jahren gegründete und von ihm in siebter Generation geführte Nürtinger Familienunternehmen zu schließen.

Die Oma geht mit den Enkelkindern zu Hauber

Zur „Hauber-Familie“ gehört auch Gabi Beck. „Es war so ein Stück Heimat“, erzählt die Stammkundin, die schon als Zehnjährige in Begleitung ihrer Mutter bei Hauber war. Unterwäsche, Strümpfe, Tischdecken, Geschirr, Taschen – praktisch sämtliche Einkäufe hat sie abgesehen von Lebensmitteln bis heute bei Hauber erledigt. „Es gab ja hier alles“, sagt die Nürtingerin, die zu Fuß in die Innenstadt gehen kann und kein Auto braucht.

Die Nanz-Gruppe hat die Anteile Haubers am NC gekauft. Das Zentrum wird saniert und modernisiert. Gabi Beck hofft, dass sie nach der Neueröffnung noch ein passables Angebot findet. Die Kundin kennt die Angestellten, mit Joerg Hauber ist die 72-Jährige per Du. Die emotionale Bindung an das Kaufhaus ist eng und ist bei den Becks gepflegt worden. „Oma, wann gehen wir zu Hauber“, wird Gabi Beck von ihren Enkeln immer wieder gefragt.

Harte Konkurrenz durch Online-Versandhandel

An die junge Generation richtet Joerg Hauber einen dringenden Appell: „Zalando, Amazon und Co. machen unsere Innenstädte kaputt“. Dies müssten sich alle vergegenwärtigen, wenn sie im Internet einkauften, häufig ohne sich über die Konsequenzen bewusst zu sein. Auch Joerg Hauber denkt an die Glanzzeiten seiner Firma zurück. Um für die Kunden etwas Besonderes zu bieten, gab es früher Events wie eine Asien-Show mit Bauchtanz, eine Italien-Show mit Parmesan und anderen Spezialitäten sowie eine Marokko-Show. Die Minze für den Tuareg-Tee ist dabei extra vom Stuttgarter Flughafen abgeholt worden.. Doch das alles ist nun Vergangenheit.

Gisela Auch blickt mit einem Gefühl der Ungewissheit in die Zukunft. „Ich muss das jetzt erst mal sacken lassen. Im Moment ist mir das noch gar nicht so bewusst. Es ist ein Abschiednehmen“, sagt sie. Eines ist ihr jedoch sehr wichtig zu betonen: „Das Vertrauen, das uns die Kunden und der Chef in dieser Zeit entgegen gebracht haben, dafür möchte ich mich bedanken“, sagt die 64-Jährige mit bebender Stimme. Und ihr Chef Joerg Hauber fügt dem hinzu: „Offen und ehrlich muss man sein – alles andere führt zu nichts in einer Kleinstadt wie Nürtingen.“

Zum Abschied ein Dank für das Vertrauen der Kunden