Mit ihren Kettenzügen und Antrieben bringen sie Shows wie den Eurovision Song Contest zum Laufen: die Brüder Andrew und Thomas Abele. Jetzt wurde ihre Firma mit Sitz in Nufringen mit einem Innovationspreis ausgezeichnet.

Nufringen - Die Abele-Brüder, Andrew und Thomas, behaupten von sich, besessen zu sein. Ihrer Hartnäckigkeit verdanken sie es, dass sie sich mit ihrer Firma Think Abele in Nufringen in den vergangenen knapp 30 Jahren in der Branche der Bühnen-, Show- und Veranstaltungstechnik einen Namen gemacht haben – weltweit. Aber der Innovationspreis Mittelstand der Volksbanken Raiffeisenbanken Baden-Württemberg, den sie kürzlich in Baden-Baden erhielten, freut die Brüder besonders: „Das ist eine schöne Wertschätzung“, sagt Andrew Abele über die erste Auszeichnung von Branchenfremden.

 

Bei der Ruhrtriennale 2010 etwa wurden mit Kettenzügen aus Nufringer Produktion erst ein vier Tonnen schwerer Tanklastzug fünf Meter in die Höhe gezogen, dann stürzte er in ein Sandbett auf der Bühne der Jahrhunderthalle Bochum und begann sich zu drehen – dank der in Nufringen hergestellten Antriebe. Beim Finale des Eurovision Song Contests im Mai 2013 in Malmö betraten die Teilnehmer über den Köpfen der Zuschauer über eine 36 Meter lange Brücke die Bühne. Auch sie wurden von Kettenzügen aus Nufringen gehalten. Kettenzüge, Antriebe und Steuerungen müssen einwandfrei funktionieren, damit die Show gelingt. Wichtiger noch: die Tragwerkskonstruktionen müssen für das Gewicht des Equipments ausgerichtet sein, werden bei solchen Veranstaltungen doch etliche Tonnen bewegt.

Massiv und doch empfindlich

Deshalb haben die Abele-Brüder ein spezielles Lastmesssystem entwickelt, für das ihr Betrieb jetzt mit dem 20 000 Euro dotierten Preis des Handwerks innerhalb des Innovationspreises Mittelstand prämiert wurde. Mitten in dem Schulungsraum ihres Unternehmens hängen zwei orangefarbene Gewichte mit dem Aufdruck 20 Kilo von der Decke herab. Die Zahl 20 zeigt auch ein Display eines schwarzen Kästchens, das an einem Schäkel montiert ist, in dem die Gewichte eingehängt sind. Preisgekrönt ist der u-förmige Ring mit einem Bolzen in der Mitte – umgangssprachlich auch Kuhmaul genannt – samt dem unscheinbaren Kästchen. Beide haben es in sich. Der Stahlbolzen des Schäkels ist massiv, muss er doch enorme Lasten tragen können. Zugleich müssen die Sensorelemente darin aber empfindlich genug sein, um die Last möglichst genau zu wiegen.

Jahrelange Arbeit steckt in dem System. „Es gehört eine gewisse Besessenheit dazu“, gibt Andrew Abele zu. Ebenso wie der Wunsch, die eigenen Produkte immer besser zu machen, und die Fähigkeit, um die Ecke zu denken. Gerade das scheinen die beiden Abele-Brüder zu beherrschen. Auf der Suche nach hochempfindlichen Sensoren für ihr Lastmesssystem etwa landeten sie beispielsweise bei einer Spezialfirma, die Dummys für die Unfallforschung in der Automobilindustrie präpariert. Oder ein anderes Beispiel: Weil sie auf dem Markt keine Kabel gefunden haben, die ihren Ansprüchen genügt hätten, entwickelten die Brüder zusammen mit einem Kabelhersteller ihre eigenen. „Sie sind flexibler als ein Gartenschlauch“, sagt Andrew Abele und drückt einem ein Stück Kabel zum Ausprobieren in die Hand. UV-Licht kann den Kabeln nichts anhaben, außerdem ist jeder Meter von ihnen markiert –„fortlaufend“, wie Andrew Abele betont. Damit klar ist, wie viel Meter bereits verlegt sind.

Heute stellen die Abele-Brüder Elektrokettenzüge, Spezialantriebe und Steuerungen unter der Bezeichnung Movecat für große Bühnenshows selbst her. Angefangen haben Andrew und Thomas Abele als Jugendliche mit der Ausstattung von Jugenddiscos. „Not macht erfinderisch“, sagt Andrew Abele über seine unternehmerischen Anfänge. Die handwerklichen Voraussetzungen brachten er und sein älterer Bruder mit: Thomas ist gelernter Karosseriebauer, Andrew ausgebildeter Fernmeldeelektroniker. Die Brüder machten ihre Sache so gut, dass sie schon bald Diskotheken einrichteten und die Auftritte von Bands gestalteten. „Sonderlösungen waren unsere Stärke“, sagt Andrew Abele. „Wir haben die erste Tourneeausstattung der Fanta Vier gemacht.“ Pur und Jule Neigel zählten damals auch zu ihren Kunden.

Firmenstart in einer Doppelgarage

Irgendwann war die heimische Doppelgarage aber zu klein geworden für die Firma, die an ihrem Sitz in Nufringen heute 35 bis 40 Leute beschäftigt und 1500 bis 2000 Antriebe im Jahr fertigt, die beispielsweise in der Wiener Staatsoper und dem Neuen Opernhaus Oslo eingesetzt werden. Die Aufgaben in dem Familienbetrieb sind klar verteilt: Der 49 Jahre alte Andrew Abele ist für die Bereiche Entwicklung und Marketing zuständig, Thomas Abele für die Fertigung und Materialbeschaffung. Daneben gibt es noch einen kaufmännischen Geschäftsführer.

Seit rund drei Jahrzehnten sind die Abele-Brüder in ihrem Metier tätig. Spaß an ihrer Arbeit haben sie noch immer. „Sehr“, sagt Thomas Abele. „Es ist toll, einen Job zu haben, der auch Hobby ist“, sagt der 50-Jährige, der auf 60 bis 70 Arbeitstunden in der Woche kommt. „Die Familie muss das mittragen“, betont Thomas Abele und merkt an: „Für die Frau ist es ein hartes Brot.“ Es scheint, als hätte sie einen Besessenen geheiratet.

Im Schnitt 100 Bewerber

Preis
Der Innovationspreis Mittelstand der Volksbanken Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg wird seit dem Jahr 2000 ausgeschrieben. Er ist mit insgesamt 50 000 Euro dotiert. Vergeben wird er in drei Kategorien. Der Hauptpreis ging in diesem Jahr an die Peter Kwasny GmbH in Gundelsheim (Kreis Heilbronn), die ein umweltfreundliches Lackspray entwickelt hat. Den Preis des Handwerks erhielt die Think Abele GmbH&Co.KG aus Nufringen. Beide Auszeichnungen sind mit 20 000 Euro verknüpft. Über den mit 10 000 Euro verbundenen Förderpreis kann sich das Sägewerk Bohnert in Seebach (Ortenaukreis) freuen, das eine neue Hackschnitzelpresse konstruiert hat.

Einsendungen
Im Schnitt bewerben sich rund 100 Firmen um den Innovationspreis Mittelstand. Sie müssen ihren Sitz in Baden-Württemberg haben und/oder Kunde der Volks- und Raiffeisenbanken sein. Sie dürfen maximal 100 Mitarbeiter haben und höchstens 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr machen.

Jury
19 Personen zählt die Jury, die unter all den Einsendungen die Gewinner ermittelt. Zu den Jurymitgliedern gehören unter anderem Vertreter der Industrie- und Handelskammer, des Handwerks, von Forschungseinrichtungen und Unternehmerverbänden.