Bernd Lang hat nun sein Bußgeld bezahlt. Der Gemeinderat ist aus Protest gegen das geplante Tempolimit 20 in dieser Geschwindigkeit durch den Ort gefahren.

Nufringen - Der Rechtsstreit wegen des Tempo-20-Protests von Bernd Lang ist beendet. Der Nufringer Elektromeister hat das Verwarnungsgeld in Höhe von 63,50 Euro nun zähneknirschend entrichtet. „Zum Glück hat meine Versicherung die Verfahrenskosten übernommen“, berichtet er. Sonst wären weitere rund 2500 Euro fällig geworden. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte zuletzt seine Rechtsbeschwerde gegen den Bußgeldbescheid abgelehnt, den der Gemeinderat wegen zu langsamen Fahrens in der Nufringer Hauptstraße erhielt. Lang hatte auf eine weitere mündliche Verhandlung gehofft. Doch hielt es das Gericht nicht für geboten, den Fall noch einmal aufzurollen.

 

Gemeinde will Ortskern sanieren

Im Frühjahr vergangenen Jahres war Lang absichtlich mit seinem VW-Bus mit 20 Sachen durch den Ortskern getuckert, weil er das geplante Tempolimit von 20 Stundenkilometern „für völligen Quatsch“ halte, wie er sagt. In einem Teil der Hauptstraße gilt bereits Tempo 30, in einem angrenzenden Abschnitt Tempo 50. Die Gemeinde will den Ortskern sanieren und die Durchfahrtsstraße beruhigen. „Darüber haben wir im Gemeinderat schon heftig gestritten“, sagt Lang, der als Mitglied der Freien Liste dem Gremium angehört. „Wenn Tempo 20 kommt, kann man keinen Radfahrer mehr überholen“, klagt er. Im Ortskern drohe künftig ein Stau nach dem anderen. Deshalb habe er demonstrieren wollen, wie es ist, „wenn dieses Schneckentempo gefahren wird“.

Tatsächlich hatte Lang damit einen anderen Verkehrsteilnehmer auf die Palme gebracht. Ein 36-Jähriger war an jenem Märzmorgen von Affstätt in Richtung Böblingen durch Nufringen gefahren. Er zeigte Lang an. Das Landratsamt schickte ihm einen Bußgeldbescheid über 35 Euro, gegen den der streitbare Kommunalpolitiker Widerspruch einlegte. Und die Sache landete vor dem Böblinger Amtsgericht. „Ich dachte zuerst, der VW-Bus hat eine Panne“, erklärte der 36-Jährige dem Amtsrichter. Doch dann habe er die Schilder in der Heckscheibe und beim Überholen auf der Seitenscheibe entdeckt und kapiert, worum es dem Fahrer gegangen sei: Um den Protest gegen die geplante Geschwindigkeitsbegrenzung. Der 36-Jährige beobachtete zudem, wie der VW-Bus später in demselben Schleichtempo in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Der Amtsrichter zeigte dafür kein Verständnis und erhöhte das Bußgeld auf 50 Euro. Durch die anfallenden Gebühren waren noch 13,50 Euro zusätzlich zu entrichten. „Sie behinderten den Verkehr und produzierten unnötige Abgase“, hieß es in der Urteilsbegründung.

8000 Fahrzeuge am Tag

„Für mich ist diese Sache jetzt abgehakt“, sagt Lang etwas bitter. Obgleich die Pläne für die Verkehrsberuhigung noch nicht vom Tisch sind. Die Entscheidung darüber soll noch vor der Sommerpause fallen. Das Ziel ist es, die Zahl der Fahrzeuge, die durch den Ort rollen, erheblich zu verringern. 8000 Verkehrsteilnehmer wurden zuletzt an einem Werktag gezählt. Das soll sich ändern, wenn die naheliegende Kreuzung an der Bundesstraße 14 ausgebaut ist. „Doch zieht sich das in die Länge“, sagt Lang, „weil das Regierungspräsidium überlastet ist.“ Die Behörde verweist ans Landratsamt. Dort heißt es, die Planung sei fertig, der Baubeginn stehe aber noch nicht fest.

Wenn es nach der Bürgermeisterin Ulrike Binninger geht, wird die Verkehrsberuhigung dennoch im nächsten Jahr in Angriff genommen. Selbst wenn einige Gewerbetreibende gegen das Vorhaben sind, weil sie eine geringere Kundenfrequenz befürchten. „Die Händler und alle Bürger werden von dem Umbau etwas haben“, verspricht dagegen die Rathauschefin, „er wird die Aufenthaltsqualität verbessern.“ Kritiker wie Lang weisen jedoch daraufhin, dass sich bei schmaleren Spuren und bei Stau der Verkehr in die Wohngebiete verlagern könnte.

Manche Gemeinderäte sind befangen

„Es wird eine spannende Abstimmung geben“, meint Lang. Bisher seien lediglich die SPD und die Frauenliste für die Verkehrsberuhigung, die im Gemeinderat fünf Sitze haben. Eine Mehrheit der Freien Liste und der CDU mit insgesamt neun Mandatsträgern seien mehrheitlich dagegen. Doch sind einige als Anlieger der Hauptstraße befangen. Auch Lang hat dort ein Geschäft – und wird kein Votum abgeben dürfen.