Bei Herrenberg und Nufringen sind die ersten Bäume für einen Wildtierkorridor gepflanzt worden. Er soll Wildkatzen und anderen Tieren die Wanderung vom Schwarzwald in den Schönbuch ermöglichen.

Nufringen - Manchen Tieren schlägt man einen Weg frei, anderen pflanzt man Bäume und Sträucher in den Weg. Im Falle der Wildkatze gilt letzteres. Denn das scheue Tier wandert nur im Schutz von Hecken, Sträuchern und Bäumen – nicht aber über offenes Feld. Vom Nordschwarzwald aus in den Schönbuch zu gelangen ist der Wildkatze deshalb bisher nicht möglich gewesen. Zumal dabei auch eine Autobahn, eine Bundesstraße sowie Bahngleise ihren Weg kreuzen.

 

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (Bund) hat sich zum Ziel gesetzt, das zu ändern. Mit dem Projekt „Wildkatzensprung“ will er eine grüne Verbindung zwischen Nordschwarzwald, Schönbuch und Schwäbischer Alb schaffen. Es ist Teil des ehrgeizigen Planes in ganz Deutschland 20 000 Kilometer solcher Verbindungen anzulegen. Davon würde nicht nur die Wildkatze profitieren. Nun trafen sich die Helfer zum ersten Spatenstich. Auf einem Rain zwischen Affstätt und Nufringen wurden am Montag die ersten 124 Bäume und Sträucher gepflanzt. Landrat Roland Bernhard, Brigitte Dahlbender vom Bund und Ulrike Binninger, Bürgermeisterin von Nufringen, haben mit angepackt. „Ich bin sehr glücklich, dass wir das jetzt geschafft haben. Es ist das Ergebnis von drei Jahren intensiver Arbeit“, sagte Dahlbender.

Die Wildkatze, die in den europäischen Wäldern einst heimisch war, zählt zu den bedrohten Tierarten. Im Rheintal bei Karlsruhe hat sich allerdings inzwischen eine wachsende Population angesiedelt. Geht es nach dem Bund, soll der leise Jäger auf lange Sicht wieder im ganzen Land heimisch werden. Eines der wichtigsten Etappenziele auf dem Weg dahin – und zugleich auch eines der aufwendigsten – ist die Verbindung im Südwesten von Stuttgart.

Ein Band aus Hecken, Wiesen und Dickicht

Aufgrund der Topografie und der Verkehrswege gibt es nur eine einzige Möglichkeit, den Nordschwarzwald mit dem Schönbuch zu verknüpfen – nämlich durch ein Band aus Hecken, Obstwiesen und Dickicht, das sich zwischen Gärtringen, Affstätt, Nufringen und Herrenberg schlängeln könnte. Hier gibt es mit dem Schönbuchtunnel bereits eine funktionierende Grünbrücke über die A 81, wie der Herrenberger Umweltbeauftragte Jürgen Baumer sagt. Das haben offenbar auch die Tiere erkannt. Denn an der Kreuzung auf Höhe der IBM kollidierten in der Vergangenheit zahlreiche Wildtiere mit Autos.

Kollisionen gibt es auch zwischen den Interessen der Katzen und denen der Landwirte. „Wir mussten schon so viel Ackerland abgeben, jetzt reicht es“, protestierten einige beim ersten Informationsabend im Herrenberger Klosterhof Anfang Dezember. Angesichts dieses Widerstandes schien ungewiss, ob der Korridor überhaupt möglich ist. Doch Ulrike Binninger ist da zuversichtlich. Schließlich bekämen die Landwirte aus den Mitteln des Projekts einen Ausgleich für Anpflanzungen. Unterstützt wird das Projekt auch von Landrat Bernhard: „Der Siedlungsdruck ist groß im Kreis. Der Korridor ist eine willkommene Chance, wieder etwas gut zumachen an der Natur. Ein paar Mäuse sollte uns die Wildkatze schon wert sein.“