Per Gerichtsbeschluss hat der Eigentümer der Immobilie an der Unterländer Straße 27-31 die Schließung des Kaufhauses Nuspl erwirkt. Dessen Geschäftsführer wehrt sich gegen die Entscheidung und will wieder öffnen. Die Fronten sind verhärtet.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Zuffenhausen - Polizisten und Gerichtsvollzieher sind am Dienstagabend, 31. Juli, im Kaufhaus Nuspl angerückt. Per einstweiliger Verfügung wurden die Schlösser ausgetauscht und das Pfandrecht auf das Inventar angewendet. Seitdem ist das Zuffenhäuser Traditionskaufhaus geschlossen.

 

Hintergrund für die Schließung ist ein seit Monaten andauernder Rechtsstreit zwischen dem aktuellen Eigentümer und Vermieter des Gebäudes, Wilhelm Robert Schapmann, und der Textil Nuspl GmbH, die das Kaufhaus bis vor kurzem betrieben hat. Während der Eigentümer Mieten in Höhe einer sechsstelligen Summe einfordert, beruft sich der Geschäftsführer des Kaufhauses, Nouredin Haar, darauf, dass er die Miete nur deshalb einbehält, weil zahlreiche Baumängel im Haus zu beseitigen seien.

Rechtsanwalt Christian Schade vertritt den Eigentümer Schapmann, der das gesamte Gebäude vor rund zwei Jahren von der Familie Nuspl gekauft hat. Die Familie Nuspl hat seit diesem Verkauf weder mit dem Kaufhausbetrieb noch mit der Immobilie an sich etwas zu tun. Einzig der Firmenname erinnert noch an die Zuffenhäuser Gründerfamilie. Laut Anwalt Schade war es Ziel des neuen Eigentümers, „dieses altehrwürdige Kaufhaus im Bestand zu haben und es auch weiter zu betreiben, weil es einen Namen hat und weil es auch gut lief“, erklärt er. Für das Kaufhaus selbst habe ein Mietvertrag mit der Textil-Nuspl, Josef Nuspl GmbH & Co. KG bestanden. Deren Geschäftsführer war zunächst Thomas Bauer. Allerdings nur bis 2017.

Anwalt: „Seit der Übernahme wurde keine Miete bezahlt“

„Die Misere ging los, als Mitte 2017 Nouredin Haar die Geschäftsführung der Textil-Nuspl GmbH übernommen hat“, sagt Schade. „Er hat seit Übernahme des Geschäfts keine Miete mehr bezahlt, das heißt wir haben Rückstände in Höhe von deutlich über 100 000 Euro.“ Man habe daraufhin zunächst versucht, mit den ehemaligen Betreibern, der Familie Nuspl, eine Lösung zu finden. Dies sei leider nicht geglückt. „Daraufhin haben wir das Mietverhältnis fristlos gekündigt“, sagt Schade. Auch eine einvernehmliche Lösung mit dem Rechtsvertreter von Haar sei nicht zustande gekommen. „Für uns wurde relativ zügig klar, dass es sich um ein Geschäftsmodell des Herrn Haar handelt, und gar kein Interesse besteht, sich mit uns zu einigen“, ist Schade überzeugt. „Je länger dieser Fall nun andauert, umso eindeutiger wird aus meiner Sicht, dass es nur darum ging, den Laden so lang wie möglich zu betreiben und im Gegenzug so lang wie möglich keine Miete zu bezahlen.“

Geschäftsführer Nouredin Haar stellt den Sachverhalt auf Nachfrage unserer Zeitung anders dar: „Am Objekt sind viele Mängel, die es schon unter meinem Vorgänger gab und die seit meiner Zeit immer mehr wurden. Diese Schäden sind nie behoben worden.“ Neben einem Wasserschaden gebe es unter anderem auch Schäden an der Elektrik, am Lift und an der Rolltreppe. Manche Bereiche könnten für den Verkauf überhaupt nicht genutzt werden und müssten aus Sicherheitsgründen abgesperrt werden. Die Reparaturkosten beliefen sich auf mehrere hunderttausend Euro, sagt der Geschäftsführer. Zu dem Vorwurf, dass die Miete nicht gezahlt worden sei, sagt er: „Die Miete wurde von uns einbehalten unter der Auflage, sie aufzurechnen mit den Forderungen für die ganzen Schadens- und Mängelbeseitigungen.“ Bei vorliegenden Schäden von drei- bis vierhunderttausend Euro sei es aus seiner Sicht keine Frage, dass „60 000 bis 70 000 Euro Miete für ein Dreivierteljahr“ aufgerechnet werden könnten.

Landgericht Stuttgart gibt Kläger recht

Rechtsanwalt Schade führt diesbezüglich ins Feld, dass freilich jedem Mieter das Recht zustehe, Mängel einzuwenden. Allerdings sei es unzulässig, die komplette Miete einzubehalten und den Laden weiter zu betreiben. Auch sei der Vermieter nicht zu allen Reparaturen verpflichtet, dennoch: „Wir hatten angeboten, uns das anzuschauen und wollten Abhilfe leisten.“ Nouredin habe „dann angefangen, der von mir vertretenen Partei keinen Zutritt zum Objekt zu gewähren, und er hat vereinbarte Handwerkertermine kurzfristig platzen lassen“, sagt Schade. Mehr noch: Vom Geschäftsführer angeblich veranlasste Reparaturarbeiten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro seien gar nicht ausgeführt worden.

Das sei in einem Verfahren vor dem Landgericht deutlich geworden, das zwischenzeitlich stattgefunden hat. Darin machte der Immobilienbesitzer Schapmann Zahlungs-, Räumungs- und Herausgabeansprüche durch die von Haar geführte Textil Nuspl GmbH geltend. „Der Klage wurde im Wesentlichen stattgegeben“, erklärt ein Sprecher des Landgerichts auf Nachfrage. Gegenwärtig befinde sich die Akte allerdings beim Oberlandesgericht Stuttgart (OLG), weil gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde.

Geschäftsführer setzt auf Berufungsverfahren

Nuspl-Geschäftsführer Nouredin Haar gibt sich zuversichtlich, dass seine Berufung vor dem OLG Erfolg hat und auch seinem Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung, die zur Räumung und Schließung des Kaufhauses führte, stattgegeben wird. „Ich hoffe, dass wir in den nächsten 14 Tagen wieder eröffnen können.“ Das wiederum sieht Rechtsanwalt Schade grundlegend anders; er gibt dem Berufungsverfahren keine Aussicht auf Erfolg.

Der Zwist um das Kaufhaus wird noch um eine Facette reicher. „Als wir vor zwei Wochen das Urteil des Landgerichts vorliegen hatten, dass die Textil Nuspl GmbH das Gebäude räumen und die Rückstände bezahlen muss, hat er, um die Räumung zu verhindern, einen Untermietvertrag mit der CCH Mode GmbH abgeschlossen.“ Das blieb nicht ohne Wirkung. Ein Gerichtsvollzieher kann nur gegen dasjenige Unternehmen tätig werden, das vom Gericht explizit benannt worden sei. Durch die Untervermietung an CCH Mode sei die Räumung zunächst verhindert worden. Schade weist darauf hin, sowohl die CCH Mode GmbH als auch die Textil Nuspl GmbH vom selben Geschäftsführer geleitet werden: nämlich Nouredin Haar. Der wiederum will an der Untervermietung nichts Anrüchiges erkennen. „Ich bin auch Geschäftsführer der Nuspl Warehouse GmbH in Bad Cannstatt, wir haben nun mal mehrere Firmen“, sagt Haar und verweist auf die Unternehmensgröße. „Laut Mietvertrag ist die Textil Nuspl GmbH jederzeit berechtigt, ohne Zustimmung des Vermieters das Kaufhaus unterzuvermieten, sofern keine Nutzungsänderung erfolgt.“ Dass er an eine Firma untervermiete, deren Geschäftsführer er selbst sei, sei eine „interne Regelung“. „Das hat nichts damit zu tun, dass wir Herrn Schapmann ärgern wollten.“ Der ärgerte sich, wenn überhaupt, nur kurz: Schließlich erwirkte sein Anwalt per einstweiliger Verfügung nun die eingangs erwähnte Räumung des Kaufhauses mit Hilfe der Polizei.

Eigentümer will ähnlichen Betrieb fortführen

Für die rund 20 Nuspl-Mitarbeiter ist die Zukunft ungewiss. „Sie befinden sich in Schockstarre“, sagt Nouredin. Er setze Hoffnungen in das Berufungsverfahren. Anwalt Christian Schade bedauert die Entwicklung für die Beschäftigten: „Uns tut es ganz arg leid für die Mitarbeiter und generell für die Institution Kaufhaus Nuspl. Wir waren bemüht, es fortzuführen, aber der Herr Nouredin hat uns keine Möglichkeit dazu gelassen.“ Man müsse nun das Objekt sichten, Waren katalogisieren und einlagern, Instandsetzungsarbeiten erledigen und dann schauen, wie es weitergeht: „Unser Anliegen ist es, etwas Ähnliches in Zuffenhausen fortzuführen. Es gibt Interessenten, aber es ist leider noch nichts spruchreif.“