Jeder merkt es: Es ist wieder Berlinale. Dieses Jahr kommen so viele internationale Gäste wie schon lange nicht mehr. Und bei der Eröffnungsgala im zum Filmpalast umfunktionierten Musicaltheater wurde es auch ein bisschen politisch.

Berlin - Selbst Nichtcineasten wissen, dass Berlinale ist, wenn am Potsdamer Platz drei Dinge gleichzeitig passieren: 1. Mitten im Einkaufszentrum nächtigen ganz normale erwachsene Menschen in ihren Schlafsäcken auf dem harten Steinboden, um Tickets zu ergattern. 2. Die harten Typen von der Security räumen diese Menschen ausnahmsweise mal nicht weg. 3. Aber sie versuchen trotzdem, die Augen ein bisschen so zusammenzukneifen wie Bruce Willis. Der übrigens wird die 63. Berliner Filmfestspiele nicht beehren, er war schon vergangene Woche da.

 

Was kein ernsthaftes Problem darstellt, denn die Berlinale wird dieses Jahr von so vielen internationalen Stars besucht wie schon lange nicht mehr. Schon zur Eröffnung am Donnerstagabend im zum Filmpalast umfunktionierten Musicaltheater war praktisch der gesamte deutsche Film von Senta Berger bis Wim Wenders gekommen, dazu internationale Größen wie Isabella Rossellini oder Jane Fonda. Auch Politiker wie Philipp Rösler (FDP) und Ronald Pofalla wollten ein bisschen was vom Glanz der Festspiele auf sich abstrahlen lassen. Hollywood lässt derweil ein bisschen auf sich warten – die Festspiele starteten mit dem Martial-Arts-Film „The Grandmaster“ des chinesischen Meisters Wong Kar Wai (54). Der Film läuft „im Wettbewerb außer Konkurrenz“ – eine beliebte Kategorie, die immer wieder dazu dient, große Namen in die Stadt zu bekommen, selbst wenn der Film irgendwo anders in der Welt schon angelaufen ist und deshalb nicht Teil des Wettbewerbs sein kann.

Ein sehr gefragter Jurypräsident

In diesem Fall wäre das auch deshalb nicht gegangen, weil Wong Kar Wai Präsident der Internationalen Jury ist. Und als solcher hat er ein Festival der Milde und des Lobs angekündigt: „Wir sind hier, um Filmen zu dienen, nicht um sie zu bewerten“, sagte der Regisseur vor der Eröffnung. „Wir wollen Filme schätzen und anerkennen, die wir inspirierend und berührend finden.“ Dann sagte er noch sehr freundlich, er komme gerne nach Berlin, weil die Berlinale ein „sehr intimer Ort“ für Filmschaffende sei.

Wong verschwieg, wie lange der Festivalchef Dieter Kosslick in Hongkong antichambriert hatte, um ihn nach Berlin zu locken. Mit in der Jury sitzen unter anderem die dänische Dogma-Regisseurin Susanne Bier (52), der US-Schauspieler Tim Robbins und der deutsche Regisseur Andreas Dresen. Bier fand die Idee gut, nur positive Dinge aus den Filmen zu besprechen. Es gehe darum, den Film zu feiern.

Ein politisches Festival

Das klingt nach Harmonie und Glamour, aber die Berlinale sieht sich immer als politisches Festival. Statt eine salbungsvolle Rede über die deutsche Filmförderung zu halten, beschäftigte sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann mit der zerstörerischen Kraft der Intoleranz. Er erinnerte an die Situation in Mali. Er richtete von der Bühne aus eine offizielle Bitte an die iranische Regierung, den Regisseur Jafar Panahi zum Festival ausreisen zu lassen. Panahi, der der Opposition in seinem Land nahesteht, wurde zu einer bisher nicht vollstreckten Haftstrafe verurteilt und erhielt 20 Jahre Berufsverbot. Er war bereits vor zwei Jahren Mitglied der Jury, durfte aber nicht ausreisen. Nun präsentiert die Berlinale seinen neuen, gemeinsam mit Kambozia Partovi produzierten Film „Pardé“ (Geschlossener Vorhang), der auf verschlungenen Pfaden den Weg zum Festival fand.