Vor drei Jahren hat der Oberbürgermeister von Leonberg sein Amt angetreten. Einer der ersten Gratulanten war damals der künftige OB von Stuttgart, Frank Nopper.
Leonberg - Am Morgen des 1. Dezember 2017 hat Martin Kaufmann eine kurze Nacht hinter sich. Am Abend zuvor war der Sozialdemokrat feierlich in sein Amt als neuer Oberbürgermeister von Leonberg eingesetzt worden.
Vor drei Jahren gingen die Uhren noch etwas anders. In der Stadthalle drängten sich mehr als 600 Gäste, um dem neuen Stadtoberhaupt ihre Aufwartung zu machen. Darunter auch ein Mann, der fast auf den Tag genau 36 Monate später zum Oberbürgermeister von Stuttgart gewählt werden sollte: Frank Nopper, der OB von Backnang, war einer der Hauptredner bei Kaufmanns Inthronisierung.
Versprechen an den Großvater
Auch sein Name hat sich zwischenzeitlich geändert. Im Juni 2019 nahm der bisherige Martin Kaufmann den Namen seiner Familie mütterlicherseits an: Cohn. Ein Versprechen, das er seinem Großvater Georg gegeben hatte. Seither firmiert der OB offiziell als Martin Georg Cohn.
Davon war an jenem denkwürdigen 30. November 2017 noch keine Rede, als sich der nunmehr designierte Oberbürgermeister der Landeshauptstadt den Gästen in Leonberg als einstiger „Vorstopper Nopper“ vorstellte und launig daran erinnerte, wie er in jungen Jahren mit Kaufmann durch die Gassen gezogen war. Die beiden kennen sich aus der Kommunalpolitik im Rems-Murr-Kreis.
Zander vergab „Note 6“
Aber noch etwas hat sich seit der Amtseinführung geändert. „Wir lassen Sie nicht im Regen stehen“, hatte damals Elke Staubach dem neuen Rathauschef versprochen. Die Christdemokratin gab diese Zusage in ihrer Funktion als Vorsitzende der größten Ratsfraktion ab. Seit der Kommunalwahl vor anderthalb Jahren ist die CDU nur noch drittstärkste Kraft in Leonberg. Und was noch schwerer wiegt: Die Zeiten, in denen man sich nicht im Regen stehen lässt, sind zumindest in Teilen vorbei. Das Verhältnis zwischen Oberbürgermeister und Union ist oft angespannt.
Das liegt weniger dran, dass Cohn ein SPD-Parteibuch in der Tasche hat. Darum macht der heute 54-Jährige kaum Aufsehen. Auch das Verhältnis zum SPD-Fraktionschef Ottmar Pfitzenmaier ist nicht nur harmonisch. Doch die Konflikte mit der Union treten offensichtlicher zu Tage und gipfelten darin, dass der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Oliver Zander Cohn schon einmal die „Note 6“ verliehen hatte. Zander wirft ihm vor, beim Breitbandausbau nicht aktiv genug zu sein.
Schwieriges Zusammenraufen
Nur nach außen gibt sich der Rathaus-Chef bei solchen Anwürfen gelassen. Innen aber brodelt es. Cohn ist ein Machertyp, eine Eigenschaft, die ihm im OB-Wahlkampf geholfen hatte. Doch Männer, die gewohnt sind, zu sagen, wo es lang zu gehen hat, können mit offenem Widerspruch und Attacken schwer umgehen.
So gestaltet sich der Prozess des Zusammenraufens zwischen dem Gemeinderat und dessen Vorsitzendem nach wie vor schwierig. In diesem Juli war es zu einem Eklat gekommen, weil der Rat, die SPD ausgenommen, eine OB-Initiative, die Dezernate umzuverteilen, kalt lächelnd abgeschmettert hatte. Dass es dabei weniger um Inhalte als vielmehr um eine Machtprobe ging, wird nicht bestritten.
Martin Georg Cohn weiß, dass ein Dauerkonflikt weder der Stadt noch ihm etwas bringt. Zuletzt hat er im Gemeinderat deutlich moderatere Töne angeschlagen. Und dass er unter dem Strich gute Drähte in die Fraktionen hat, wurde unlängst bei der Wahl der Beigeordneten erkennbar.
Cohn kann auch Dialog
Der OB hatte sich mehr oder minder offen für die Wiederwahl des Baubürgermeisters Klaus Brenner und gegen jene des Finanzbürgermeisters Ulrich Vonder-heid ausgesprochen. Letzterer hatte zwar die Rückendeckung seiner Partei, der CDU, doch musste er dem auswärtigen Konkurrenten Maic Schillack das Feld überlassen. Vonderheid fehlte eine einzige Stimme – vermutlich die seines Chefs.
Mit Brenner und Schillack, der im Januar anfängt, hat Cohn nun seine Wunschformation an der Stadtspitze. Grabenkämpfe, so sagen auch jene, die ihm wohlgesonnen sind, sollten jetzt passé sein. Dass Cohn Dialog kann, zeigt der Umstand, dass er offenbar in der Verwaltung mittlerweile verstärkt auf die Meinung jener hört, die Leonberg und die Menschen hier länger kennen als er selbst.