Guido Schmucker aus Leinfelden-Echterdingen ist kommunalpolitisch gänzlich unbeleckt und will dennoch Christoph Traub beerben. Was treibt den 52-jährigen Hausverwalter an?

Grün, gelb, rot, blau, dazu die Schrift in Schwarz. Wohin die Anzeige politisch zu stecken ist, wird aus der Gestaltung nicht ersichtlich, und auch textlich hat die Annonce, die Ende Mai im Amtsblatt der Stadt Filderstadt erschienen ist, viele Menschen ratlos gemacht. „Ein Bürger von den Fildern kandidiert in Filderstadt für die Oberbürgermeister-Wahl, wenn sich 50 wahlberechtigte Unterstützer/innen finden“, ist zu lesen. Dazu steht dort zwar kein Name, aber eine anonymisierte E-Mail-Adresse, unter der man sich als Wahlhelfer melden kann.

 

Der Mann hinter der kuriosen Anzeige ist Guido Schmucker aus Leinfelden-Echterdingen. Als Spaßkandidat will sich der 52-Jährige jedoch nicht verstanden wissen. Ihm gehe es darum, der Bürgerschaft bei der OB-Wahl eine Alternative zu bieten. „Einer muss den Anfang machen, das bin jetzt ich, damit man wieder Kandidaten kriegt“, sagt er. Tatsächlich: Guido Schmucker ist der bislang einzige Gegenkandidat für den Amtsinhaber Christoph Traub (CDU), der am 9. Juli zum zweiten Mal zum Stadtchef gewählt werden möchte. Bewerben kann man sich bis zum 12. Juni.

Guido Schmucker ist politisch unbeleckt. „Ich habe mich noch nie öffentlich engagiert“, sagt er, selbst das Schalten der Anzeige habe ihn Überwindung gekostet. Tatsächlich wirkt der Hausverwalter, der einst Elektromechaniker gelernt und dann BWL draufgesattelt hat, in vielerlei Hinsicht zurückhaltend. In welchem Ortsteil von Leinfelden-Echterdingen er lebt, will er nicht in der Zeitung lesen, um die betagten Eltern zu schützen. Auch seine familiäre Situation wolle er nicht ausbreiten. Ledig sei er, das reiche. Soziale Medien nutze er nicht wegen Datenschutzbedenken.Kontakt mit der Verwaltung, deren Chef er werden will, hatte Guido Schmucker bereits. Er berichtet von Verwerfungen wegen Grundstücksangelegenheiten. „Ich streite mich gerade mit zwei Kommunen rum“, sagt er. Das sei zeitraubend. „Ich müsste fast jemanden dafür einstellen.“ Werde er zum OB gewählt, wolle er vieles besser machen. „Herr Traub ist ein Jurist, der möchte alles hundertprozentig korrekt“, er hingegen sei praxisorientiert und „näher an der Arbeiterbevölkerung“. Alles müsse transparenter und einfacher werden. Informationen zu Baugenehmigungen etwa sollten im Amtsblatt veröffentlicht werden. Auch brauche es ein Bürgerbüro in jedem Stadtteil. Für manches Problem hat der Bewerber unorthodoxe Lösungsansätze. Dem Fehlen von Ehrenamtlichen in Vereinen – für ihn eines der größten Probleme – wolle er begegnen, indem er Vereinspersonal bei der Stadt anstelle. Zudem schweben ihm alternative Jobmodelle vor, indem Kooperationen mit Partnerstädten aufgebaut oder auf Verwaltungsstellen intern rotiert wird. „Man muss mal das Undenkbare machen“, sagt er.

Noch einige Unterschriften fehlen

Guido Schmucker hebt seine Heimatverbundenheit hervor. „Eigentlich möchte ich seit 20 Jahren“, sagt er über sein spätes Engagement in der Kommunalpolitik. Wo er parteilich steht, das will er indes nicht definieren. Ein Oberbürgermeisterkandidat müsse „von allen Farben ein bisschen leben“ und für alle da sein. „Wie ein Bundespräsident.“

Ob er sich Chancen gegen den Amtsinhaber ausrechnet? „Ich bin Realist“, sagt Guido Schmucker. Und weiter: „Ich möchte in der Kommunalpolitik lernen.“ Es stünden ja noch weitere Wahlen in naher Zukunft an. In Leinfelden-Echterdingen muss 2024 ein Oberbürgermeister gefunden werden, auch die Kommunalwahlen nahen. Durch seine Bewerbung in Filderstadt werde er bekannt. Das wolle er für sich nutzen „und auch andere für die kommenden Wahlen begeistern“.

Was Schmucker nun formal noch fehlt, sind Unterstützerunterschriften. Von 20 berichtet er beim Gespräch am 31. Mai. Mindestens 50 muss er aber vorlegen, damit sein Name auf dem Wahlzettel landet. Dafür geht er aktuell auf Stimmenfang bei Bekannten. „Für Außenstehende ist es sehr schwierig, die zu bekommen“, sagt er, viele Leute haderten, persönliche Daten herauszugeben. Unterstützer sucht Schmucker ebenso wie Wahlhelfer. Mit deren Zutun wolle er seinen Wahlkampf besser strukturieren. Aktuell mache er alles auf eigene Faust. „Ich bin allein, ich kann das nicht rocken wie zehn oder 100 Leute. Schlafen muss ich auch noch.“

Weitere Infos zu Guido Schmucker: www.ob-schmucker.de

Kritik an Karenzzeit

Schreiben an den Innenminister
Wegen der Karenzzeit, die für die Veröffentlichungen von Parteien in kommunalen Amtsblättern gilt, hat sich Stefan Hermann, der Vorsitzende der Freie-Wähler-Fraktion im Filderstädter Gemeinderat, an den Landesinnenminister Thomas Strobl gewandt. Am 9. Juli ist die OB-Wahl, und es gelte die Karenzzeit, „obwohl es keine Bewerberin/keinen Bewerber gibt, der ausdrücklich von einer der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen unterstützt wird“, moniert Hermann.

Veränderung der gesetzlichen Grundlage
Im Filderstädter Amtsblatt dürfen ab sechs Wochen vor der Wahl keine politischen Inhalte von Parteien erscheinen, nur Ankündigungen für Termine. Stefan Hermann sieht hier eine „ eklatante Ungleichbehandlung“, schließlich würden weiterhin Berichte aus der Verwaltung publiziert, die stets, „wenn vielleicht auch ,nur’ implizit“, auf die Arbeit des OBs verweisen und deshalb ebenfalls einen Grund zu einer Wahlanfechtung wegen potenzieller Einflussnahme darstellen könnten. Hermann findet: „ Durch wiederholte Karenzzeiten wird die Möglichkeit öffentlicher demokratischer Meinungsbildung in nicht unerheblichem Maß beeinträchtigt.“ Er bittet daher möglichst umgehend um Veränderungen der gesetzlichen Grundlagen. car