Nach einem kurzen Wahlkampf haben am Sonntag die Göppinger das Wort. Der Amtsinhaber hofft auf einen Sieg im ersten Wahlgang, doch die Konkurrenz ist breit aufgestellt und hat einiges zu sagen.

Göppingen - Rund 41 000 Wahlberechtigte sind am Sonntag aufgerufen, den Göppinger Oberbürgermeister für die kommenden acht Jahre zu bestimmen. Sechs Männer wollen Guido Till aus dem Amt jagen. Sie sind Stadträte, Ex-Bürgermeister, Gottesmänner oder tragen einen großen Namen. Ein zweiter Wahlgang und damit eine Verlängerung des bisher recht kurzen Wahlkampfs ist durchaus möglich.

 

Guido Till: ein Rheinländer mit der Liebe zum Hohenstaufen

Person Guido Till hat vor acht Jahren Reinhard Frank als OB von Göppingen abgelöst. Der 57-jährige Rheinländer fühlt sich am Hohenstaufen längst heimisch und ist seit knapp einem Jahr mit seiner dritten Frau Heike Hildebrandt verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Aaron ist acht Monate alt.

Programm Till möchte „die Arbeit der letzten acht Jahre fortsetzen und an der Konsolidierung des kommunalen Haushalts weiterarbeiten“. Dazu setzt er „auf eine wirtschaftsstarke Stadt, die genügend Einnahmen generiert, um sich weiterentwickeln zu können, und der Bevölkerung gute Lebensbedingungen garantiert“. Seine Themen sind die Umstrukturierung des Apostelareals, die Realisierung eines neuen Einkaufszentrums in der Bleichstraße – und der Bau eines Viersternehotels.

Kampagne Auf den Straßen war Till im Wahlkampf ausgesprochen präsent. Als parteiloser Kandidat, der von CDU, FDP und BAG unterstützt wird, setzt er auf ein dunkles Türkis, das sich über Plakate, Prospekte und Flugblätter hinwegzieht. Dabei posiert er vor dem Hohenstaufen, was manchen an seine gescheiterten Turm- und Burgbau-Projekte erinnern dürfte.

Hartmut Hering: die Kandidatur als Glaubensfrage

Person Der Diplomtheologe im Vorruhestand ist Dauerkandidat, wenn es um Bürgermeister- oder Oberbürgermeisterposten im Stauferkreis geht. Der 60-Jährige ist dreifacher Familienvater und lebt im Göppinger Stadtbezirk Hohenstaufen.

Programm Herings Fundament im Leben, im Wahlkampf und also auch im Amt ist sein Glaube. Er fordert Bibelunterricht für alle, aber auch die Erhaltung von Arbeitsplätzen, eine Reduzierung der Umsatzsteuer, bezahlbaren Wohnraum und einen sofortigen Neuverschuldungsstopp.

Kampagne Plakate hat Hering nicht geklebt. Lediglich bei der offiziellen Kandidatenvorstellung trat er in Erscheinung. Dort sorgte er für Lacher, als er erklärte, dass er im Rathaus wohnen wolle, um für die Bürger Tag und Nacht verfügbar zu sein.

Stefan Sünwoldt: ein Nordlicht probiert den Neustart in Hölle Süd

Person Der ehemalige Bürgermeister der 20 000-Einwohner-Stadt Kaltenkirchen (Schleswig-Holstein) ist Jurist, verheiratet und hat drei Kinder. Seine Frau, die der gebürtige Oldenburger im Studium kennengelernt hat, stammt aus Afghanistan. Seine Amtszeit in Kaltenkirchen endete unsanft mit einem verlorenen Abwahlverfahren.

Programm Der 51-jährige SPD-Mann wünscht sich eine solidarische und lebendige Stadt. Er möchte in die weichen Standortfaktoren Bildung, Kultur und Sport investieren. Insbesondere bei der Integration von Migranten hat er neue Idee. Außerdem will er sich für einen Anschluss Göppingens an die S-Bahn einsetzen, und er verspricht einen kollegialen und kooperativen Führungsstil.

Kampagne Der Mann aus dem hohen Norden hat sich für die Wahlkampfwochen extra in Göppingen eingemietet. Unzählige Hände hat er geschüttelt und die Frisch-Auf-Spiele besucht. Starke Unterstützung erhält er von der örtlichen SPD. „Gut für Göppingen“ steht auf seinen Plakaten. Diesen Spruch verwendet auch die Kreissparkasse, und die ist Marktführer.


Christian Stähle: Klassenkämpfer mit Mut zum Alleingang

Person Der waschechte Göppinger ist nach Stationen im Allgäu und in Stuttgart 2008 in die Stauferstadt zurückgekehrt. Im Jahr 2003 trat der 53-Jährige in die PDS (heute: Die Linke) ein. 2009 wurde er in den Göppinger Gemeinderat gewählt. Dort gilt der Einzelkämpfer, der als Schulpsychologe tätig ist, dank zahlreicher Dienstaufsichtsbeschwerden als Tills Intimfeind.

Programm Stähle versteht sich als Gegenentwurf zum Amtsinhaber und empfiehlt sich als Anwalt des kleinen Mannes. Wichtig sind ihm transparente Entscheidungsprozesse und eine frühe Einbindung aller Göppinger. In seinem 17-Punkte-Programm wirbt Stähle für Bürgerforen, einen Bürgerhaushalt und ein Antragsrecht für Bürger im Stadtrat. Der Linke will kleinere Mittelständler fördern, ein kostenloses Mittagessen für Kinder initiieren und den Neubau einer Eissporthalle vorantreiben.

Kampagne Sein von klassenkämpferischen Tönen geprägtes Programm hat der Stadtrat, der auch Kreisvorsitzender der Linkspartei ist, vor allem in den Stadtteilen Ursenwang, Manzen und Holzheim verteilt. Hier erzielte Stähle 2009 die besten Ergebnisse. Seine Plakate, auf denen er seine Kontrahenten als neoliberale Helmträger darstellt, wurden von der Partei bezahlt und in Berlin gedruckt.


Christoph Weber: Kampagne läuft bis zum zweiten Wahlgang

Person Der Fraktionschef der Grünen im Gemeinderat und Mitbegründer der Lokalen Agenda ist 52 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Aufgewachsen ist er in Heidelberg. In Göppingen lebt er seit mehr als zwei Jahrzehnten. Er ist als Chemiker beim Regierungspräsidium mit Dienstsitz Göppingen tätig, wo er Unternehmen bei der Umsetzung von Auflagen berät.

Programm Der Pragmatiker setzt auf eine Stadtentwicklung mit Augenmaß und will historische Bausubstanz lieber erhalten als plattmachen. Für die Stadtteile fordert er Citybuslinien. Natürlich haben Klima- und Umweltschutz einen hohen Stellenwert bei Weber. Ganztagsbetreuung und Sozialarbeit würde er gerne ausbauen und stärken. Schwachstellen beim Amtsinhaber wittert er im Umgang mit Mitarbeitern und Gemeinderat. Außerdem wolle er Initiativen von Vereinen mehr unterstützen.

Kampagne Der grüne Kommunalpolitiker setzt im Wahlkampf auf 250 Plakate, die ihn im Gespräch mit der Bevölkerung zeigen. Er hat einen Facebook-Auftritt und eine eigene Homepage. Waldkindergarten, Frisch-Auf-Heimspiel, Vereinsfeste und Rundgänge in den Stadtteilen stehen in seinem Wahlkampfkalender, der übrigens erst am 28. Oktober endet: „Oberbürgermeisterwahl Göppingen 2. Wahlgang“ lautet der letzte Eintrag. Und so antwortet Weber auch auf die Frage, wie er seine Chancen einschätzt: „Ich habe bis Ende Oktober Urlaub für den Wahlkampf genommen.“


Joachim Hülscher: Alternative mit ruhiger Hand

Person Der 60-jährige Architekt (verheiratet, zwei Söhne) stammt aus Dortmund und war von 1998 bis 2006 Baubürgermeister in Göppingen. Seine Abwahl verdankt er zu einem Teil dem amtierenden OB. Als Mitglied der Freien Wähler sitzt Hülscher im Gemeinderat und im Regionalparlament.

Programm Er will mit einem anderen Politikstil die Göppinger Kommunalpolitik wieder in ruhigeres Fahrwasser lenken. Nötig seien Transparenz, Offenheit und ein menschlicher Umgang mit Bürgern, aber auch mit Mitarbeitern. Um das Stadtbild zu bewahren, will er Investoren klare Vorgaben machen.

Kampagne Hülscher bietet sich als Alternative mit „Erfahrung, Kompetenz und Augenmaß“ an. In kleinen Gesprächsrunden in allen Stadtbezirken und über eine Homepage versucht er, mit den Wählern in Kontakt zu treten. Seine Freien Wähler enthalten sich einer Wahlempfehlung.


Holger Weiss: unabhängig – auch von Opas Baufirma

Person Er hält sich für den einzig wirklich unabhängigen Kandidaten im OB-Wahlkampf. Holger Weiss ist der Enkel des Gründers des Bauunternehmens Leonhard Weiss. Der 59-Jährige hat zwei erwachsene Kinder und einen Enkel. Sein Bruder sitzt für die CDU im Gemeinderat. Mit ihm hatte er kurze Zeit auch das Familienunternehmen geführt, bevor er sich 1997 auf diverse selbstständige Tätigkeiten verlegte.

Programm Weiss ist stark in der Lokalen Agenda engagiert und betreibt ein eigenes kommunalpolitisches Internetforum. Die zunehmende Verschuldung der Stadt will er bekämpfen, den innerstädtischen Einzelhandel stärken, vor allem aber den Politikstil durch bessere Information und Beteiligung der Bevölkerung ändern. Er vergleicht die Stadt gerne mit einer Familie, deren Zusammenhalt auf verschiedenen Ebenen gefördert werden müsse.

Kampagne Der Einzelkämpfer, der seine Kandidatur erst in letzter Minute erklärte, tut sich im Wahlkampf schwer. Sollte er nicht gewählt werden, möchte er eine unabhängige Bürgerinitiative Zukunft-Göppingen gründen, um den Politikstil zu ändern, deutet er auf seiner Homepage an.