Bei der Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe am Sonntag treten Ingo Wellenreuther (CDU) und Frank Mentrup (SPD) gegeneinander an. Für beide Parteien steht viel auf dem Spiel.

Karlsruhe - Auf die OB-Wahl am Sonntag richten viele CDU-Politiker im Land ein besonderes Augenmerk: nach 42 Jahren droht in Karlsruhe eine weitere Unions-Bastion verloren zu gehen. Mehr als 220 000 Wahlberechtigte sind zum Urnengang aufgerufen. Dabei haben nur die beiden Kandidaten Frank Mentrup (SPD) und Ingo Wellenreuther (CDU) realistische Chancen, gewählt zu werden.

 

Die CDU hat ein Großstadtproblem: das war spätestens dann klar, als der Grünen-Politiker Fritz Kuhn im Oktober zum neuen Stuttgarter OB gewählt wurde. Binnen weniger Monate hat die CDU drei Bürgermeister in Großstädten mit mehr als 300 000 Einwohnern verloren: erst Duisburg, dann Frankfurt, zuletzt Stuttgart. In Baden-Württemberg ist Karlsruhe unter den Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern inzwischen sogar die letzte verbliebene CDU-Domäne. Von elf Städten sind vier SPD-regiert, drei von Grünen (Freiburg, Tübingen, Stuttgart) und weitere drei haben parteilose Verwaltungschefs.

Ingo Wellenreuther soll es richten

Ende Februar scheidet Heinz Fenrich aus dem Amt, seit 1998 Rathauschef in Karlsruhe. Der 67-jährige gehört der CDU an, ebenso wie seine beiden Vorgänger Otto Dullenkopf (1970 bis 1986), und Gerhard Seiler (1986 bis 1998). Ingo Wellenreuther (52), der CDU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende, Stimmenkönig im Stadtrat und KSC-Präsident, soll es nun richten. Mehreren Umfragen zufolge liegt sein Hauptkonkurrent, der SPD-Politiker Frank Mentrup – mit mehr oder weniger großem Abstand – in der Wählergunst vorne. Auch für die SPD steht nach der Pleite in Stuttgart viel auf dem Spiel. Mentrup ist Staatssekretär im Kultusministerium, seit 2006 Landtagsabgeordneter – und war zuvor SPD-Fraktionschef im Mannheimer Gemeinderat. Seit 2007 wohnt der 48Jährige in Karlsruhe.

Bei der CDU scheint indessen die Nervosität kurz vor dem Urnengang zu steigen. Fast täglich gebe es Briefe und E-Mails an die eigene Stammklientel mit der Bitte, doch ja wählen zu gehen, berichtet etwa ein langjähriges CDU-Mitglied. Am vorigen Sonntag war sogar EU-Kommissar Günter Oettinger nach Karlsruhe gekommen, um für Wellenreuther, dem er sich verbunden fühlt, zu werben. Der CDU-Kandidat absolvierte bis zuletzt Termin um Termin.

Die Stimmung in Mentrups Wahlkampfteam steigt

Derweil berichtet der SPD-Kandidat Mentrup „von der steigenden Stimmung“ in seinem Wahlteam: vorigen Samstag waren Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Nils Schmid (SPD) im Karlsruher Kulturzentrum Tollhaus und lobten den Kandidaten, der von beiden Parteien unterstützt wird. Mentrup forderte einmal mehr „einen neuen Stil“ im Rathaus, weg von bekannten Netzwerken.

Dass das Thema „letzte CDU-Bastion“ nicht nur im Land, sondern auch in der Parteispitze diskutiert wird, weiß auch der CDU-Mann Wellenreuther. Er setzt aber ganz stark auf eine Persönlichkeitswahl, der Name seiner Partei taucht auf seinen Plakaten gar nicht auf. Gebetsmühlenartig wiederholte er bis zuletzt, er sei in Karlsruhe geboren und wolle sich leidenschaftlich engagieren.

Mentrup versucht sich davon abzuheben, in dem er „auch alle Zugezogenen“ anspricht. Viele Beobachter rechnen nicht mit einer Entscheidung im ersten Wahlgang. Mit Spannung wird erwartet, wie die Kandidaten der Linken und der Freien Wähler abschneiden.