Zwischen Politikverdrossenheit und Gestaltungswillen: Kiriakos Fotis, der Sprecher des Jugendausschusses, fordert, jungen Menschen mehr entgegenzukommen.

Es war ein sehr engagierter Wahlkampf im Vorfeld der Leonberger Oberbürgermeisterwahl, die Tobias Degode für viele dann doch recht überraschend im ersten Durchgang mit 50,9 Prozent gewonnen hat. Die Veranstaltungen und Diskussionsrunden im Vorfeld waren auf ein riesiges Interesse gestoßen – geschätzt aber eher bei der mittleren und älteren Generation. Dennoch blieb die Wahlbeteiligung mit 45,8 Prozent auffallend gering. Besonders spannend ist dabei die Perspektive junger Menschen, die in kommunalen Debatten häufig den Anspruch haben, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.

 
N 63: Der Jugendausschuss Leonberg hat eine neue Nachtbuslinie aus dem eigenen Budget finanziert. Foto: Simon Granville

Doch fühlten sie sich von den großen Themen im OB-Wahlkampf wie Gesundheitsversorgung, Verwaltung, Verkehr oder Stadtentwicklung tatsächlich angesprochen? Nutzten die ab 16 Jahren Wahlberechtigten ihr Wahlrecht? „Ich glaube nicht, dass der Grund der geringen Beteiligung daran liegt, dass junge Menschen nicht gewählt haben, ich denke das hält sich altersübergreifend die Waage“, sagt Kiriakos Fotis, der neu gewählte Sprecher des Leonberger Jugendausschusses, wo er in der Projektgruppe „Politik mit uns“ aktiv ist. „Vielleicht ist es auch eine gewisse Politikverdrossenheit, die sich allgemein, also nicht nur in Leonberg, breitmacht.“

Eigene Wahlkampf-Formate für Jugendliche

Der 20-Jährige interessiert sich selbst seit acht Jahren für Politik, war Schülersprecher im Albert- Schweitzer-Gymnasium und kandidierte bei der letzten Kommunalwahl für die SPD auf Listenplatz fünf. „Den Einzug in den Gemeinderat habe ich nur knapp verpasst, habe mich trotzdem über mein gutes Ergebnis mit fast 4000 Stimmen gefreut“, meint Fotis, der bedauert, dass die Altersgruppe der unter 30-Jährigen im städtischen Gremium nicht repräsentiert wird. Da seien auch die einzelnen Parteien gefordert.

Auf großes Interesse im OB-Wahlkampf ist eine vom Jugendausschuss organisierte Diskussionsrunde in Form einer Quizshow mit allen fünf OB-Kandidatinnen und Kandidaten im Café Siesta gestoßen. „In dieser Runde haben wir die Themen anders gewichtet und spielerisch aufbereitet und haben mit diesem niederschwelligen Angebot allen den Raum gegeben, Fragen zu stellen. Da war es auch nicht schlimm, wenn jemand etwas nicht wusste“, sagt der 20-jährige Fotis, der Geschichtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre studiert.

Fotis: Im Wahlkampf Jugendthemen vermisst

Angesprochen wurden hier Schwerpunkte wie Schule, Mobilität oder Sport- und Freizeitangebote außerhalb der Vereinsarbeit. Im Wahlkampf selbst habe Fotis diese jugendlichen Themen bei den Kandidatinnen und Kandidaten vermisst. Der Sprecher der Jugendausschusses wünscht sich mehr solcher Formate für junge Menschen. Denn auch eine Veranstaltung im vergangenen Juli in der Steinturnhalle sei richtig gut angekommen. Unter dem Motto „Pizza & Zukunft“ diskutierte die Jugend mit Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis.

Die kommenden acht Jahre in Leonberg mit einem neuen Oberbürgermeister sieht Kiriakos Fotis als neue Chance. „In der Politik kann sich jeder beteiligen und sollte das auch tun, um eine schönere Stadt zu gestalten. Und es ist doch auch interessant zu wissen, wie es in der Stadt weitergeht.“

Jugendausschuss als Sprungbrett in politische Arbeit

Allerdings müsse die Politik der Jugend entgegenkommen und Vertrauen aufbauen. Junge Menschen wünschten sich ein attraktiveres Leonberg. „Es gibt ein paar Orte, wo man in der Freizeit hingeht, aber nicht viele. Oft ist es so, dass sich junge Menschen anderweitig orientieren, sobald sie 18 sind und einen Führerschein haben.“

Der Jugendausschuss sei, davon ist Kiriakos Fotis überzeugt, eine perfekte Möglichkeit für junge Menschen, sich in den verschiedenen Projektgruppe zu engagieren, um etwas in der Stadt zu bewegen. „Und er ist ideal für junge Leute als Sprungbrett in die politische Arbeit. Denn hier bekommen wir neben einem Budget von der Stadt auch Unterstützung von Paten aus dem Gemeinderat.“

Ein jährliches Jugendforum bietet zudem allen 13- bis 21-Jährigen aus Leonberg die Möglichkeit, ihre Interessen in die Politik einzubringen und Leonberg aktiv mitzugestalten. Etwa 200 Jugendliche hatten 2024 teilgenommen. Das nächste Forum findet am 13. Oktober in der Stadthalle statt. Die dort gebildeten Projektgruppen werden das Jahr hinweg an ihren Themen weiterarbeiten.

 Interessierte Jugendliche können sich über die Homepage der Stadt Leonberg www.leonberg.de anmelden.