Der Rudersberger Bürgermeister erobert im ersten Anlauf den Rathaussessel mit knapp 52 Prozent.

Leonberg - Es ist kurz nach sieben, als der erste ausgezählte Wahlbezirk auf der Videoleinwand im Foyer des Leonberger Rathauses erscheint: Schon da führt Martin Kaufmann (SPD) deutlich mit 43,1 Prozent der Stimmen vor Inge Horn, Ulrich Vonderheid und Klaus Brenner. Als wenige Minuten später der zweite Wahlbezirk ausgezählt ist, hat Kaufmann schon eine absolute Mehrheit (51,1 Prozent). Diese gibt er im Lauf des Abends nicht mehr ab, ständig schwankt er zwischen 51 und 54 Prozent.

 

Am Ende erobert der Rudersberger Bürgermeister den Leonberger Rathaussessel doch etwas überraschend schon im ersten Wahlgang mit 51,98 Prozent vor Inge Horn (26,29 Prozent), Ulrich Vonderheid (12,68 Prozent) und Klaus Brenner (8,91 Prozent).

Martin Kaufmann ist auch der erste der vier Kandidaten, der gegen 19.30 Uhr im Rathaus erscheint. Beifall brandet auf unter den rund 70 Interessierten, die sich bis dahin eingefunden haben. Die Ergebnisse der Bundestagswahl, die auf einem zweiten Bildschirm analysiert und kommentiert werden, interessieren zu dem Zeitpunkt keinen der Besucher mehr. Je klarer sich der Sieg von Kaufmann abzeichnet, desto lauter wird der Beifall.

Vonderheid hätte sich mehr erhofft

Um 19.40 Uhr zeigt sich Ulrich Vonderheid im Rathaus, zieht sich jedoch gleich in sein Büro zurück. Von 19.45 Uhr an wird das Foyer immer voller. Viele wollen Martin Kaufmann die Hand schütteln, doch Glückwünsche wehrt er zu dem Zeitpunkt noch ab. Rund 20 Besucher stehen im ersten Stock des Rathauses an der Balustrade und genießen einen Tribünenblick auf das Geschehen im Foyer.

Um 20.15 Uhr lässt sich Inge Horn im Rathaus blicken. Sie wirkt gefasst, auch wenn ihre klare Niederlage zu dem Zeitpunkt schon feststeht. Der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath und seine Frau umarmen sie. „Mit diesem Rückstand habe ich nicht gerechnet“, sagt Horn. Das Ergebnis zeige , dass sie es nicht geschafft habe, die Wähler von ihren Zielen zu überzeugen. „Es herrschte eine Wechselstimmung, Bewerber mit Stallgeruch waren da nicht die richtige Antwort“.

Ulrich Vonderheid gratuliert dem Wahlsieger, er habe einen engagierten Wahlkampf geführt. „Ich selbst hatte mir persönlich ein bisschen mehr erwartet“. Aber schon morgen gehe seine Arbeit als Erster Bürgermeister weiter, und er sei bereit, Martin Kaufmann die Hand zur Zusammenarbeit zu reichen. „Ich hoffe, dass wir kollegial zum Wohle der Stadt zusammenarbeiten können“, schloss Ulrich Vonderheid.

Als 44 der 49 Wahlbezirke ausgezählt sind, lässt sich Kaufmann dann doch zum Sieg gratulieren: „Mit einem so deutlichen Ergebnis habe ich nicht gerechnet. Ich danke den Wählern für den großen Vertrauensvorschuss, der mir schon im ersten Wahlgang entgegengebracht wurde“, sagt er. Und er dankt seinen Konkurrenten für „einen guten und fairen Wahlkampf“.

Auch der Landrat kommt zum Gratulieren vorbei

Gar nicht enttäuscht wirkt der Baubürgermeister Klaus Brenner, der viele Hände im Rathausfoyer schüttelt. „Mir geht es gut“, sagt er. Unter den Rathausgästen ist auch der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt: „Kaufmann hat vom Auswärts-Bonus profitiert“, sagt er. „Wenn drei aus der Stadt sich streiten, freut sich der Vierte“, meinte Faißt.

Matthias Groß, einer der Abteilungsleiter der Handballer der SG Leonberg/Eltingen, ist mit dem Wahlausgang zufrieden: „Der Sport kann gut mit Martin Kaufmann leben“, erklärt er, „er bringt frischen Wind.“ Und Klaus Brenner sei ein guter Bau-Bürgermeister, den Leonberg in den kommenden drei Jahren brauchen werde.

Kurz vor 21 Uhr erscheint Landrat Roland Bernhard im Rathaus: „Ich gehöre auch zu denen, die mit einem zweiten Wahlgang gerechnet haben“, erklärt er. Aber er habe sich die Geste nicht nehmen lassen wollen, dem Wahlsieger zu gratulieren. Kaufmann mache einen guten Eindruck. „Ich hoffe, dass es klimatisch gut mit ihm läuft“, sagt Bernhard mit Blick auf seine Spannungen mit dem amtierenden OB Bernhard Schuler. Doch auch Martin Kaufmann gilt als angriffslustig.

Kommentar

Der Vorteil des Auswärtigseins

Der Wunsch nach einem neuen Gesicht war größer als alle andere Themen.

Von Thomas K. Slotwinski

Leonberg hat einen neuen Oberbürgermeister. Und das schon im ersten Anlauf. Dass ein zweiter Wahlgang, der noch vor zwei Wochen angesichts des starken Bewerberfeldes als sehr wahrscheinlich galt, nun doch ausfällt, hatte sich in den vergangenen Tagen zusehends abgezeichnet. Zwar waren Martin Kaufmann und Inge Horn beide unermüdlich unterwegs, doch stieß der Bewerber aus Rudersberg auf eine spürbar größere Resonanz, eben weil er nicht von hier kommt.

Inge Horns Heimvorteil hingegen geriet eher zur Belastung. Viele sahen in ihr offensichtlich eine Vertreterin eines „alten Systems“, das es zwar so nicht gab. Das der gebürtigen Leonbergerin aber immer wieder, besonders im Internet, vorgehalten wurde.

Auch die Last-Minute-Kandidatur des Baubürgermeisters Klaus Brenner wird sie Stimmen gekostet haben. Wahlentscheidend dürfte das aber nicht gewesen sein. Dafür war der Abstand zwischen ihr und Kaufmann am Ende zu groß. Vielleicht ist es ein Stück weit auch so, wie die enttäuschte, aber gefasste Unterlegene am Abend gesagt hat: Leonberg ist noch nicht reif für eine Frau an der Stadtspitze.

Wesentlich mehr ausgerechnet hatte sich Ulrich Vonderheid. Der Unterhaltungswahlkampf des Ersten Bürgermeisters verfing bei den Menschen offenbar nicht. Politische Rückendeckung hatte er ohnehin nicht. Seine Position im Stadtvorstand dürfte nicht einfacher werden.

Halbwegs zufrieden sein kann hingegen Klaus Brenner. Mit einem knapp vier Wochen andauernden Minimal-Wahlkampf hat er immerhin neun Prozent geholt. Die kann der in Stadt beliebte Chefplaner als Anerkennung für seine engagierte Arbeit verbuchen. Das wird ihm in der neuen Führungskonstellation den Rücken stärken.

Die größte Unbekannte ist der künftige Oberbürgermeister. Martin Kaufmann sich als volksnaher Macher gegeben, der im Zweifelsfall ungemütlich werden kann. Die spannende Frage ist, wie diese Eigenschaften in der Zukunft zum Tragen kommen