Die 40,3 Prozent für Otmar Heirich sind eine schallende Ohrfeige. Deutlicher hätten die Nürtinger ihrem Oberbürgermeister das Misstrauen nicht aussprechen können. Das Ergebnis ist für ihn umso enttäuschender, als keiner seiner Herausforderer im Wahlkampf hervorgestochen hätte. Sie alle hatten nicht nur mit dem Makel der fehlenden Verwaltungserfahrung zu kämpfen. Keiner von ihnen strahlte ein Charisma aus, das diese Hypothek wettgemacht hätte. Einen Denkzettel haben die Wähler Heirich übrigens nicht zum ersten Mal verpasst.

 

Zu sinken begonnen hatte sein Stern im Jahr 2008. Im monatelangen Streit über die geplante Ansiedlung von Hugo Boss im Großen Forst, der Nürtingen in zwei Lager spaltete, hatte Heirich unbeholfen und wenig sensibel agiert. Bei der anschließenden Wahl zum Kreistag im Jahr 2009 stürzte Heirich von vormals rund 12000 auf dann rund 4000 Stimmen ab. Der seit dem Boss-Streit häufig geäußerte Vorwurf lautet, Heirich nehme die Wünsche der Bürger nicht ernst und beziehe sie bei Entscheidungen nicht ein. Das Thema Bürgerbeteiligung hat sich bei der gestrigen Wahl auch als das entscheidende entpuppt. Der Amtsinhaber hatte im Wahlkampf zwar Nachholbedarf bei der Partizipation eingeräumt und Besserung gelobt. Allein, der Wähler nimmt es ihm nicht ab. Es ehrt Claudia Grau, dass sie gegen Otmar Heirich nicht antreten will. Er aber sollte zum Wohl der Stadt die Größe haben, im zweiten Wahlgang nicht mehr anzutreten. Er sollte den Weg für die patente und beliebte Bürgermeisterin freimachen.