Die Wahlbeteiligung gilt gemeinhin als Gradmesser für das politische Interesse der Bürger. Beim ersten Wahlgang gingen nur 46,7 Prozent an die Urnen. Das zählt nicht gerade zu den demokratischen Glanzlichtern der Landeshauptstadt.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Wahlbeteiligung gilt gemeinhin als Gradmesser für das politische Interesse der Bürger. So gesehen gehört der erste Wahlgang der OB-Wahl, bei der 46,7 Prozent an die Urnen gingen, nicht gerade zu den demokratischen Glanzlichtern der Landeshauptstadt.

 

Die höchste Wahlbeteiligung erreichte dieses Mal Sillenbuch mit 60,4 Prozent, der einzige Bezirk, der die 60er-Marke schaffte. Das Schlusslicht bildet Zuffenhausen mit nur 35,8 Prozent. Beide Werte haben etwas Exemplarisches. Zwei Faktoren bestimmen in besonderem Maße die Beteiligung an einer Wahl, weiß Thomas Schwarz, der Leiter des Statistischen Amtes: „das Alter der Menschen sowie Bildung und Status“. Mit dem Alter steigt die Wahlbeteiligung stetig, und Menschen in sozial bessergestellten Orten haben ein größeres politisches Interesse und gehen eher zur Wahl. Sillenbuch und Zuffenhausen unterscheiden sich nicht nur deutlich durch ihre Sozialstruktur, in Sillenbuch fällt auch die große Seniorenresidenz Augustinum bei der Wahlbeteiligung ins Gewicht. Und die beiden Bezirke stehen auch beispielhaft für das traditionelle Nord-Süd-Gefälle bei der Beteiligung an Wahlen in der Stadt.

Generell ist die Wahlbeteiligung gesunken

Aus Sicht der Statistiker ist der Wert von 46,7 Prozent aber gar nicht so gering zu schätzen. Generell bei allen Wahlen sei die  Beteiligung gesunken, sagt Thomas Schwarz, besonders auf der kommunalen Ebene. Es gebe eine „Wahlbeteiligungshierarchie“, wobei der Bund für die Menschen die wichtigste Ebene sei, sie also am ehesten an Bundestagswahlen teilnähmen. Und anders als früher seien heute EU-Bürger wahlberechtigt – 47 000 von 415 000 –, die jedoch nur in zehn bis zwanzig Prozent der Fälle davon Gebrauch machten. So gesehen entspreche der heutige Wert, übertragen auf frühere Verhältnisse, einer Beteiligung von 51 oder 52 Prozent, schätzt Schwarz.

Fritz Kuhn von den Grünen hat seine Hochburgen wie seine Partei in der Innenstadt, in Mitte, im Süden und Westen (43,7 Prozent), wo er teils deutlich über 40 Prozent kam. Auch in den Bezirken im Umkreis von Hochschulen wie Vaihingen, Plieningen und Birkach hat Kuhn überdurchschnittlich abgeschnitten. Und er stand nicht nur im großen Westen (38 182 Wahlberechtigte), sondern auch in Bad Cannstatt (45 069), dem größten Wahlbezirk, an der Spitze der Wählergunst.

Sebastian Turner, der für die CDU sowie für FDP und Freie Wähler antritt, übersprang in Mühlhausen (41,4 Prozent) und Sillenbuch (40,3) die 40-Prozent-Marke.

Die SPD-Kandidatin Bettina Wilhelm, die mit ihrem Ergebnis deutlich unter den Erwartungen blieb, kam nur in den Neckarvororten Wangen, Obertürkheim und Untertürkheim, woher sie stammt, auf mehr als 20 Prozent der Stimmen. Dies lässt auf einen lokalpatriotischen Effekt schließen.