Im Oktober wählt Stuttgart einen neuen Oberbürgermeister. Auch wenn es bis dahin noch ein bisschen Zeit ist: Die sechs Kandidaten – Turner, Wilhelm, Kuhn, Rockenbauch, Hermann und Loewe – stecken schon mitten im Wahlkampf.

Stuttgart - Wenn Fritz Kuhn, der Grünen-Kandidat für die OB-Wahl, bestätigt haben will, dass er richtig liegt, etwas gegen den überbordenden Individualverkehr unternehmen zu wollen, öffnet er das Fenster seines Kampagnenbüros in der Hauptstätter Straße. Dort brüllt Thomas Dengler, der mit Julia Ebling bis zum Wahlsonntag die Geschäfte führt, gegen den Lärm an. Dengler hat schon die OB-Wahlkämpfe für Rezzo Schlauch und Boris Palmer organisiert.

 

Die Kandidaten stimmen sich ab

Die Grünen haben eine Werbeagentur verpflichtet, die den Facebook-Auftritt und die Internetseite von Fritz Kuhn aufpeppt. Der Kandidat selbst befindet sich dieser Tage im Kurzurlaub. Bis zur Sommerpause hat er in Berlin als Abgeordneter zu tun. Seit seiner Nominierung tourt er aber durch die Stadtbezirke, um mit den Bürgern in Kontakt zu kommen. „Die Wahl gewinnen wir nicht in der Innenstadt“, hat er bei der Jahreshauptversammlung betont.

Dengler sagt, Kuhn werde mit Einladungen zu Treffen und Podiumsdiskussionen überhäuft. Man sei dabei, Wichtiges von weniger Wichtigem zu trennen und sich mit den übrigen Bewerbern abzusprechen, welche Diskussionen gemeinsam bestritten werden sollten. Mit der SPD sei man im Gespräch, mit dem von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützten Sebastian Turner sei hingegen noch kein Kontakt zustande gekommen. Am nächsten Mittwochabend treffen zum ersten Mal (bis auf den Piraten Harald Hermann) alle Kandidaten aufeinander. Die Gruppe Architektinnen für K 21 hat ins Rathaus eingeladen.

Die Bewerber bauen auf große Mitarbeiterteams

Turner wird am Samstag sein „Bürger-OB-Büro“ in der Schlossstraße 47 eröffnen. Dort befindet sich auch seine Wahlkampfzentrale, die üppiger bestückt ist als die der Grünen. Die Leitung hat Susanne Wetterich, die ehemalige Pressesprecherin der Stadt. Für die Öffentlichkeitsarbeit ist Stefanie Schorn zuständig, die den letzten Wahlkampf von OB Wolfgang Schuster organisierte. Neben zwei hauptamtlichen Kräften werden mehrere nebenberufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter den Unternehmer Turner unterstützen, der auch in überregionalen Fernsehtalkshows auftritt, sich aber vor allem in der Stadt mit großem Einsatz bekannt macht und überall seine Flyer verteilt, die ihn als „weltoffenen Stuttgarter mit Mutterwitz in der Tradition von Manfred Rommel“ beschreiben.

Die Debatte am Mittwoch im Rathaus wird zumindest für ihn um 21.30 Uhr beendet sein. Dann wird er bei der Verbindung Alania erwartet. Wetterich sagt, der neue Internetauftritt stehe bevor, auf Facebook ist Turner auch aktiv. Er mischt sich wie die übrigen Kandidaten in die Tagespolitik ein. Zuletzt kritisierte er die Landesregierung für angeblich geplante Kulturkürzungen. Der Kandidat spürt aber auch Gegenwind: Frank Peter Unterreiner etwa kritisiert Turner in seinem Immobilienbrief dafür, dass er im Blick auf die S-21-Bebauung von „gesichtslosen Investorenkisten“ gesprochen habe. Von Turner habe er mehr als „abgedroschene Phrasen“ erwartet.

Stand der Vorbereitungen unterschiedlich weit

Die von der SPD unterstützte Bettina Wilhelm pendelt derzeit zwischen Stuttgart und ihrem Arbeitsplatz, dem Rathaus von Schwäbisch Hall. Hier trifft sie demnächst türkische Jungunternehmer, besucht das Sommerfest der Naturfreunde in Degerloch und nimmt am politischen Frühschoppen der katholischen Kirche in Vaihingen teil. Eine Wahlkampfzentrale wird noch gesucht. Der Stadtrat und Chef der City-Initiative, Hans Pfeifer, koordiniert die Arbeit des etwa 20-köpfigen ehrenamtlichen Helferstabs. Die Internetseite sei fast fertig, sagt er. Derzeit behilft man sich mit dem privaten Auftritt der Bewerberin. Pfeifer sieht Wilhelm „auf Augenhöhe“ mit den anderen Kandidaten.

Damit hat er aber nicht Hannes Rockenbauch gemeint, der für das Bündnis SÖS in den Wahlkampf zieht. „Wir sind noch ganz am Anfang“ sagt die Ikone des S-21-Widerstands und verweist auf die Auftaktveranstaltung am 26. Juni. Dann wolle er sein Programm einer „Politik des Beteiligt-werdens“ erklären. Er werde keine „Einmannshow“ geben, sondern werde „Stadtlabore“ gründen, an denen sich Bürger beteiligen könnten. Ansprechen werde er „Themen, an die sich die anderen nicht herantrauen“. Seine Kritik an der LBBW („kriminelle Vereinigung“ ) hat ihm Beifall und Pfiffe eingebracht, ebenso der aus seiner Sicht unberechtigte Vorwurf, mit Fraktionsmitteln seinen Wahlkampf zu finanzieren. Die Helfer seien rein ehrenamtlich tätig.

Über ihre Wahlkampfvorbereitungen haben die Kandidaten fünf und sechs, Harald Hermann (Piraten) sowie Jens Loewe (parteilos), noch nichts verlauten lassen. Im Internet ist die aktuellste Botschaft die, dass sie zur Wahl antreten werden.

Mehr Infos zur Stuttgarter OB-Wahl gibt es hier.