Ingo Bergmann wird OB mit nur sieben Stimmen Vorsprung. Die Stadt Ulm verliert den wichtigsten Planer zum Aufbau eines neuen Einstein-Museums. Ganz gibt der unterlegene Mitkonkurrent aber noch nicht auf.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Schon einmal hatte Ingo Bergmann probiert, in der oberschwäbischen Stadt Laupheim mit ihren knapp 23 000 Einwohnern Oberbürgermeister zu werden. 2017 war das, er unterlag damals Gerold Rechle. Politikwissenschaftler, Historiker und SPD-Mitglied Bergmann blieb, was er davor schon war: vieltalentiertes, allseits geschätztes Multitool der Ulmer Stadtverwaltung. Dann übertrug ihm das Rathaus ein wahres Planetenprojekt, nämlich den Aufbau eines Einstein-Museums im Gebäude namens „Engländer“ auf dem Ulmer Weinhof, in dem Albert Einsteins Großeltern einst lebten. Diesen Dezember hätte die Ausstellung eröffnen sollen.

 

Am Sonntag ist Bergmann, der nebenher an einer Promotion über Albert Einsteins Ehefrau Elsa arbeitet, nun doch Laupheimer OB geworden. Und zwar in einem Wahlkrimi. In einer Stichwahl setzte sich der 43-Jährige mit einem Vorsprung von gerade einmal sieben Wählerstimmen gegen den Mitkonkurrenten Kevin Wiest durch, der Bürgermeister der Gemeinde Oberstation im Alb-Donau-Kreis ist. Knapp 7800 Menschen hatten gültige Stimmzettel abgegeben. Die Wahl musste außerturnusmäßig angesetzt werden. Amtsinhaber Rechle war im Dezember nach schwerer Krankheit verstorben.

Der Wahlausschuss berät bis spät abends

Durchatmen konnte Ingo Bergmann allerdings erst am späten Montagabend. Aufgrund dieses Lidschlag-Ergebnisses befasste sich der Laupheimer Wahlausschuss mit der Frage, ob nicht doch eine zweite Auszählung der Stimmen nötig sein könnte. Doch es blieb beim amtlichen Ergebnis. Lediglich die Zahl der ungültigen Stimmen korrigierte der Ausschuss von 34 auf 41.

Das allerletzte Wort ist damit möglicherweise trotzdem nicht gesprochen. Der unterlegene Kevin Wiest sagte am Dienstag auf Anfrage, er behalte sich vor, eine Neuauszählung der Stimmen beim Regierungspräsidium Tübingen zu beantragen. Wenn nur vier Stimmzettel auf einem „falschen Stapel“ abgelegt worden seien, kehre sich das Ergebnis schließlich um. Es spreche deswegen aktuell mit einem Anwalt. „Es entscheidet sich für mich Ende dieser Woche.“ Für einen Antrag müsste Wiest mittels Unterschriftenliste ein Prozent der Laupheimer Wähler hinter sein Vorhaben bringen.

Ein Vertrauensmann der Einstein-Nachfahren geht

Der Ulmer Stadtarchivar Michael Wettengel bereitet sich schon auf einen herben personellen Verlust im Rathaus vor. Bergmann, der wohl Ende Juni geht, habe nicht nur alle technischen Fäden fürs Einstein-Museum in der Hand gehalten, sondern auch die wesentlichen Kontakte zu den Einstein-Nachfahren und Leihgebern der Dauerausstellung gepflegt. Eine schnelle Nachfolgeregelung sei nicht in Sicht. Mit der Eröffnung „wird es totsicher in 2023 hineinlaufen“.