Aus für Bettina Wilhelm: Die Kandidatin der SPD hat ihre Bewerbung um das Oberbürgermeisteramt in Stuttgart zurückgezogen. Das Ergebnis hatte ihre Erwartungen nicht erfüllt. Eine Weiterempfehlung sprach sie für keinen anderen Kandidaten aus.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Das Bewerberfeld um das Amt des Oberbürgermeisters in Stuttgart ist um einen prominenten Namen ärmer. Die von der SPD nominierte Bettina Wilhelm zog am Montag ihre Kandidatur zurück. „Ich werde zum zweiten Wahlgang nicht mehr antreten“, sagte die 48-jährige Verwaltungsspezialistin, die wieder ihren Posten als Erste Bürgermeisterin in Schwäbisch Hall einnehmen wird. Gleichzeitig hat Wilhelm ihren Anhängern keinen Kandidaten für die Neuwahl am 21. Oktober empfohlen. Anders die Stuttgarter SPD: Sie empfiehlt nun Fritz Kuhn zu wählen. Im ersten Wahlgang am Sonntag hatte Wilhelm nur 15,1 Prozent der Wähler von sich überzeugen können. Mit diesem historisch schlechten Ergebnis für die Stuttgarter Sozialdemokraten war sie auf Rang drei gelandet – hinter dem Grünen Fritz Kuhn (36,5 Prozent) und Sebastian Turner, der von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt wird und 34,5 Prozent erreichte.

 

Wahlergebnis sorgt für Verwunderung

Nach Wilhelms Rückzug sieht die SPD keinen Grund für weitere Konsequenzen. Der Kreisvorsitzende Dejan Perc fragte sich zwar, „warum wir es nicht geschafft haben, bei den Wählern als echte Alternative angesehen zu werden“, das Wählerpotenzial der Genossen liege aber bei mehr als den erreichten 15,1 Prozent. Die Kandidatin sei gut gewesen, es habe auch nicht an Unterstützung aus der Partei gefehlt, meinte der SPD-Landeschef und Vizeministerpräsident Nils Schmid. Er sehe „im Nachhall der Debatte um Stuttgart 21“ die wichtigste Ursache für die Niederlage. Deutliche Worte fand der Chef des Mietervereins und frühere SPD-Landtagsabgeordnete Rolf Gaßmann. „Mit ihren sozialen Positionen hatte Bettina Wilhelm nicht den Rückhalt der Fraktion“, monierte er und warf den Genossen im Gemeinderat vor, das Thema Wohnungspolitik „ohne Not aufgegeben zu haben“.

Kuhn wird als Favorit gehandelt

Unterdessen verschärft sich der Ton unter den verbliebenen Kandidaten Turner und Kuhn. Turners Versuch, sich als unabhängiger Bewerber zu präsentieren, sei gescheitert, sagte Kuhn. Auch in Wirtschaftsfragen sei der Unternehmer nicht kompetenter. Den hiesigen Mittelständlern sei es sogar suspekt, wenn jemand mit Anfang 40 seinen Betrieb verkaufe „und auf Rentner“ mache. Turner konterte mit der Einschätzung: „Viele Stuttgarter wollen keinen grünen OB“, sondern einen, der den Bau von Stuttgart 21 nicht weiter verschleppe. CDU-Landeschef Thomas Strobl warnte sogar vor einem Scheitern des Bahnprojekts: „Mit einem Grünen in der Villa Reitzenstein und einem Grünen als Oberbürgermeister stirbt Stuttgart 21.“

Führende Wahlforscher bezweifeln dagegen, dass Turner seinen Rückstand noch aufholen kann. „Alle Vorteile liegen nun bei Fritz Kuhn“, sagte Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim.