Der Singener OB Oliver Ehret und sein Herausforderer, Bürgermeister Bernd Häusler (beide CDU), sind sich nicht grün. Das zeigte sich am Dienstag in der Stadthalle, wo sich die beiden vor der Wahl am 30. Juni einen Schlagabtausch geliefert haben.

Singen - Hoch gehen die Wogen derzeit im OB-Wahlkampf in Singen (Kreis Konstanz), wo Amtsinhaber Oliver Ehret (48) auf seinen Bürgermeister und Herausforderer Bernd Häusler (46) trifft. Wenn es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, wie spinnefeind sich die beiden CDU-Politiker mittlerweile geworden sind, dann wurde dieser auf der letzten Kandidatenvorstellung am Dienstag Abend in der Stadthalle von Singen erbracht. Auf der Bühne hackte das einstige Führungsduo nach Herzenslust aufeinander ein und griff sich derart offen an, dass sich die gut 500 Besucher nur wundern konnten. Nur wenige Tage bevor am Abend des 30. Juni das Ergebnis verkündet wird, wurde auch dem Letzten klar, dass diese beiden Männer entgegen dem lange gehegten Eindruck noch nie wirklich miteinander konnten.

 

Lange war der Konflikt unter der Decke gehalten worden

Lange hatten der seit acht Jahren amtierende und bei vielen Bürgern umstrittene Stadtoberhaupt Oliver Ehret und sein Erster Beigeordneter Bernd Häuser (beide CDU) ihren Konflikt gut unter dem Teppich halten können. Ehret war 2005 mit einer nur knappen Mehrheit von gut 140 Stimmen gegen eine SPD-Frau ins Amt gewählt worden. Er war auf den charismatischen Andreas Renner (CDU) gefolgt, da dieser dem Ruf seines Duzfreundes, dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Günter Oettinger gefolgt war, der ihn in Stuttgart zum baden-württembergischen Sozialminister beorderte. Dort aber stolperte er alsbald über kritische Äußerungen zu einem Kirchenfürsten und über interne Machenschaften.

Im Rathaus von Singen richteten sich derweil Ehret und Häusler ein. Dieser hatte sich in dem halben Jahr als Amtsverweser wärmstens für höhere Aufgaben empfohlen. Für die Öffentlichkeit überraschend war, dass Ehret alsbald dem Untergebenen neben den Stadtwerken, der Kultur und dem Sport auch das zentrale Finanzressort überließ. Nach außen übte sich das Duo in Geschlossenheit. Doch schon bald hieß es, dass sie nicht so richtig miteinander könnten. Es gab bald Gerüchte, Häusler, der einst einer der engsten Mitarbeiter Renners war, werde sich bei der nächsten Wahl 2013 nicht mehr lange bitten lassen und Ehret verdrängen. 2005 hatte er sich den Sprung auch mit Rücksicht auf sein Familienleben noch nicht zugetraut und sich statt dessen zum Amtsverweser bestimmen lassen.

Anfang April hat Häusler seine Kandidatur öffentlich gemacht

Nach Ostern ließ Häusler dann die Katze aus dem Sack. Seit er am 9. April seine Bewerbung bekannt gegeben hat, erlebt die 45000 Einwohner zählende Industriestadt im Hegau einen immer schriller werdenden Wahlkampf, der zum Ende hin zu eskalieren droht. War der Beginn der Auseinandersetzung noch von Zurückhaltung geprägt, feinden sich beide nun auf offener Bühne an. Keine der beiden gönnt dem anderen mehr als die pure Höflichkeit gebietet. Äußerungen des Kontrahenten mutieren zur schieren Zumutung.

Dabei hatte es lange so ausgesehen, als ob es gar nicht um Inhalte, sondern nur um Slogans, Plakate und Bilder gehen sollte. Häusler wählte Ortsschilder von Singen mit dem Spruch „Einer von uns“. Der gelbe Wald war manchem Singener zu viel. Ehret hielt mit „Echt, ehrlich, Ehret“ dagegen und konterte den Häusler-Spruch mit „Einer für uns“. Dann drehte sich die Diskussion darum, ob man gegen seinen Chef antreten darf oder nicht. OB Ehret soll Häusler zum Bürgermeister gemacht haben? Nein, keinesfalls, entgegnet der Angegriffene. Der Gemeinderat – „der Souverän“ – habe ihn gewählt. Die umstrittene Klinikfusion mit Konstanz, für die es sogar einen Bürgerentscheid brauchte, damit Ehret sie in Singen durchsetzen konnte, habe Häusler inhaltlich voll mit getragen? Nicht die Rede! Jedenfalls nicht so, wie es gekommen ist, mit nur 24 Prozent Anteil für Singen.

Dabei erhält das Krankenhaus als finanzielle Milchkuh den Verbund am Leben. Er hätte anders entschieden, beschied Häusler kühl. So eskaliert der Zwist jeden Tag ein bisschen mehr. Es geht um die hoch verschuldete städtische Wohnungsbaugesellschaft GVV, die Ansiedlung eines ECE-Einkaufscenters und weitere prestigeträchtige Bauprojekte. Ehret wird vorgehalten, ein großer Ankündiger und Verzögerer zu sein, der lieber noch ein Gutachten mehr als nötig erstellen lasse. Da half es auch wenig, dass erst jüngst Volker Kauder, der mächtige Unionsfraktionschef im Bundestag, in seiner Heimatstadt Singen gut Wetter für seinen Freund Olli machen wollte, der ihm in seinem Heimatwahlkreis Tuttlingen ans Herz gewachsen ist. Häusler hingegen wird es als Illoyalität ausgelegt, dass er als Untergebener gegen seinen Chef antritt, der ihm einst erst den Weg zum Bürgermeisterjob frei gemacht hat. Was Häusler selbst redend bestreitet.

Stadt und Gemeinderat sind sich mittlerweile auch uneins

Der Zwist hat die Stadt und auch den Gemeinderat in zwei fast unversöhnliche Lager geteilt. Entsprechend hoch her ging es in der Stadthalle. Zur Freude und auch zum Missvergnügen der Bürger. Je nachdem, wer auf welcher Seite steht. Doch die Frage ist schon, mit welchen Mehrheiten ein Oberbürgermeistr Ehret künftig regieren will, wo sich doch mehr als zwei Drittel seines Gemeinderats auf die Unterstützerliste seines Herausforderers haben schreiben lassen. Ehret aber bleibt gelassen. Politik, doziert der Verwaltungswissenschaftler, sei immer ein Spiel mit wechselnden Mehrheiten.