OB-Kandidat Sebastian Turner will Regeln für den Wahlkampf vereinbaren. Fritz Kuhn hält jedoch nichts davon und will stattdessen über Inhalte reden.

Stuttgart - Der Bundestagsabgeordnete und OB-Kandidat der Grünen in Stuttgart, Fritz Kuhn, hält die Gründung eines Fairnesspakts für die Zeit des Wahlkampfs bis zur Wahl am 7. Oktober (und im Falle einer Neuwahl bis zum 21. Oktober) für überflüssig. Damit reagierte er auf einen Brief seines Widersachers von der CDU, Sebastian Turner.

 

„Sie beschäftigen sich viel mit dem Reden über den Wahlkampf. Das ist ihr gutes Recht, ich dagegen beschäftige mich mehr mit den Inhalten, also der Frage, wie sich Stuttgart konkret weiterentwickeln sollte“, schrieb Kuhn. Er riet Turner, sich in Zukunft auch mit dem Inhalt der OB-Wahl zu beschäftigen, also etwa der Frage, wie die Stadt gegen die Feinstaubproblematik ankomme, wie und mit welcher Netzkonzeption die Energiewende gestaltet würde, was man gegen die Armut in Stuttgart unternehmen müsse „und wie Angebot und Qualität unserer Schulen verbessert werden können“? „Fair zu sein ist Teil des Markenkerns von Fritz Kuhn“, sagt der Grünen-Kandidat. „Ich persönlich brauche keinen Fairnesspakt. Ich werde in diesem Wahlkampf fair sein.“

Schienbeinschoner überreicht

Der Unternehmer und Werbeprofi Sebastian Turner, der sich als Nichtparteimitglied im CDU-internen Wettbewerb durchsetzte und sich von FDP, Freien Wählern und Piraten die nötige Unterstützung erhofft, hatte in der vergangenen Woche einen Auftritt bei einer Buchpremiere genutzt, um Kuhn den Fairnesspakt vorzuschlagen. Turner überreichte Kuhn damals dennoch ein Paar Schienbeinschoner und kündigte einen Brief mit Vorschlägen an, den er am Dienstag öffentlich machte.

Darin schlägt Turner vor, persönliche Verunglimpfungen zu vermeiden und stattdessen einen „argumentativen, leidenschaftlichen Wahlkampf“ zu führen. Der CDU-Kandidat erwähnte, von Kuhn bereits verwarnt worden zu sein für die Aussage, der Linguistiker Kuhn komme vom Gschwätz, während er als Unternehmer vom Geschäft komme. Turner schreibt, er werde den Satz „nicht entsprechend wiederholen“, sondern künftig sagen: „Kuhn kommt von der Sprache, ich komme vom Schaffen.“ Turner behauptet, der Satz sei „verabredet“. Die Frage ist, mit wem, denn Kuhn betonte gestern, diese Formulierung sei genauso daneben wie die vorherige.

Transparenz gefordert

Bereits im parteiinternen Duell gegen Andreas Renner hatten die Widersacher des erfolgreichen Unternehmers dessen finanzielle Möglichkeiten im Wahlkampf thematisiert – unter anderem, weil er bei dem Meinungsforschungsinstitut Forsa eine Umfrage bestellt hatte. Dem Eindruck, in Stuttgart könnte wie in den Wahlkämpfen um die US-Präsidentschaft das Geld die entscheidende Rolle spielen und nicht etwa die Inhalte, wolle Turner offenbar entgegenwirken. Das wolle Turner nun wohl durch seine Forderung nach Transparenz bei den Wahlkampfausgaben erreichen, so der Kuhn-Unterstützer, Grünen-Ratsfraktionschef Peter Pätzold. Turner schlägt nämlich vor, auf ein „Wettrennen“ zu verzichten. „Dabei möchte ich so weit gehen, dass ich Ihnen überlasse, die Höhe zu bestimmen, und mich verpflichte, Sie nicht zu übertreffen“, schreibt der Unternehmer. Im nächsten Absatz schlägt er allerdings die „Bemessungsgrundlage“ dafür vor: Es soll jener Betrag sein, den Kuhn 2012 und in den vergangenen drei Jahren den Grünen gespendet habe. Der Angesprochene hält davon nichts: „Grüne geben sowieso immer sehr wenig Geld aus. Unsere Wahlkämpfe leben vom Engagement der Mitglieder und der Menschen, die uns unterstützen.“ Er verweist darauf, dass die von einem Abgeordneten zu leistenden Abgaben an die Partei in keinem Zusammenhang mit dem Wahlkampf-Aufwand stünden. Pätzold sagt, dafür sei die Kreispartei zuständig. Er fragt, warum Turner nicht, seine Unterstützung und die seines Unternehmens Scholz & Friends für die CDU offenlege.

Auch dem dritten Punkt des Fairnesspakts, der Verpflichtung eines Schiedsrichters, kann Kuhn nichts abgewinnen. Turner schwebt „eine unabhängige Person mit juristischer Qualifikation“ vor. Das wäre dann als Signal an die SPD und mögliche Bewerber aus dem S-21-Gegner-Lager zu werten, sich dem Fairnesspakt anzuschließen. „Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass Leute, die andauernd von Fairness reden, oft ein Problem haben, fair zu sein“, schließt Kuhn sein Schreiben an den Mitbewerber. „Ich hatte den Eindruck, dass sie in dieser Richtung schon ein wenig unterwegs waren.“