Seine einwöchige Reise über den Kontinent soll den US-Präsidenten Barack Obama nach dem Senegal auch nach Südafrika bringen. Aus der Sicht vieler kommt der „Sohn Afrikas“ aber zu spät.

Johannesburg - Vielleicht hätte er doch etwas früher kommen sollen. Viereinhalb Jahre lang mussten die Afrikaner warten, bis sich ihr „Sohn“ endlich zum ersten ausgewachsenen Besuch in die väterliche Heimat begab: Gestern begann die einwöchige Tour des US-Präsidenten Barack Obama, die ihn nach dem Senegal eigentlich auch nach Südafrika und Tansania bringen soll. Doch die in Afrika lange ersehnte Visite steht unter keinem guten Stern: Während der erste dunkelhäutige Staatschef der Supermacht dem senegalischen Präsidenten Macky Sall und der Sklaveninsel Gorée seine Aufwartung macht, schaut alle Welt nur gebannt ans Kap der Guten Hoffnung, wo der legendäre Befreiungsheld Nelson Mandela mit dem Tod ringt.

 

Obamas fürs Wochenende anberaumte zweitägige Etappe durch Johannesburg und Kapstadt droht von den Ereignissen in einer Herzklinik in Pretoria durchkreuzt zu werden: Stirbt Mandela noch vor Obamas Ankunft, muss zumindest der Mittelteil der Präsidentenreise umorganisiert werden. Und dabei hatte Barack Obama seinem „persönlichen Helden“, den er jetzt aus „ein Idol für diese Welt“ bezeichnete, doch noch die Hand schütteln wollen.

Obamas „persönlicher Held“

So oder so: der Name Mandela steht über Obamas Reise wie der Stern über Bethlehem. „Viel von dem, was wir derzeit an Demokratisierung auf dem Kontinent erleben, ist auf die Inspiration Nelson Mandelas zurückzuführen“, sagt Obamas außenpolitischer Berater, Ben Rhodes. „Sein Vermächtnis wird noch über Ewigkeiten andauern“, fügt dessen Chef nach seiner Ankunft in Dakar hinzu.

Die demokratische Konsolidierung weiter Teile Afrikas ist ein Leitmotiv von Obamas Reise: Nicht zufällig hat sich der US-Präsident mit dem Senegal, Südafrika und Tansania drei Staaten mit fast einwandfreien Volksherrschaften ausgesucht. Senegals Präsident Sall rang im vergangenen Jahr nach einem Aufsehen erregenden Wahlkampf mit der Unterstützung von Hip-Hop-Sängern und Benutzern sozialer Netzwerke die Macht Abdoulaye Wade ab, der die Verfassung ändern und seinen inzwischen vor Gericht stehenden Sohn Karim als Nachfolger inthronisieren wollte. „Ich besuche Afrika, weil ich einen Moment großartigen Fortschritts und großartiger Versprechungen sehe“, sagte Obama nach dem Treffen mit Sall.

„Willkommen zu Hause“, heißt es im Senegal

Obwohl der französischsprachige und muslimische Senegal nicht zu den natürlichen Freunden der USA gehört, wurde Obama in Dakar aufs Herzlichste empfangen. „Willkommen zu Hause“, stand auf einem Poster vor seinem Hotel: Und Tausende von Senegalesen säumten die Straßen, um dem Amerikaner mit kenianischem Vater zuzujubeln. Nicht überall wird der „Sohn Afrikas“ jedoch mit Jubelstürmen rechnen können. In Südafrika bereitet sich eine Koalition aus muslimischen, propalästinensischen und sozialistischen Aktivisten unter dem Banner „NO-Bama“ auf eine ganze Protestserie vor. Die Muslimische Anwaltsvereinigung wollte sogar einen Haftbefehl gegen den mächtigsten Mann der Welt wegen „Völkermordes“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ erwirken.

Die einstige „Obamania“ ist auch unter afrikanischen Intellektuellen und westlichen Afrika-Lobbyisten längst der Enttäuschung gewichen. „Seiner Regierung ist es bisher nicht gelungen, eine kohärente Afrikapolitik zu entwickeln“, klagt etwa Todd Moss vom Zentrum für Globale Entwicklung in Washington: Ausgerechnet der Afroamerikaner habe es verpasst, rechtzeitig das Potenzial des sich dramatisch verändernden Kontinentes wahrzunehmen. „Doch vielleicht ist es noch nicht zu spät“, fügt Moss hinzu, während aus Pretoria ein Silberstreif gemeldet wird. Nelson Mandelas Gesundheitszustand soll sich „merklich“ verbessert haben, gibt das dortige Präsidentenamt nun bekannt: Vielleicht kommt der Besuch des amerikanischen Bruders ja doch wie geplant zustande.