Zwölf Kandidaten wollen Chef im Crailsheimer Rathaus werden. Am Sonntag wählen die rund 34 000 Einwohner der Großen Kreisstadt an der Grenze zu Bayern – der Amtsinhaber Rudolf Michl (SPD) verzichtet auf eine Wiederwahl.

Craislheim - Wer sich die Zahl der Bewerber anschaut, könnte meinen, der Job des Oberbürgermeisters in Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall) sei überaus begehrt. Laut Städtetag-Statistik hat eine Stadt dieser Größe durchschnittlich drei Bewerber. Aktuell werben an diesem Sonntag zehn Männer und zwei Frauen um die Stimmen der rund 27 000 Wahlberechtigten. Doch wer die Liste der Vorgänger bis in die 1980er Jahre studiert, stellt fest, dass so gut wie alle nur eine Amtszeit regiert haben. Auch der amtierende Oberbürgermeister Rudolf Michl (SPD) verzichtet „aus privaten Gründen“ nach acht Jahren auf eine erneute Kandidatur. „Das ist signifikant“, räumt der Dezernent Norbert Brugger vom Städtetag Baden-Württemberg ein, normalerweise bewerbe sich mehr als die Hälfte der Amtsinhaber um eine Wiederwahl.

 

Die Schar der Bewerber ist, vorsichtig formuliert, ziemlich bunt – und das, obwohl alle die geforderten 50 Unterschriften beigebracht haben, mit denen der Gesetzgeber Juxkandidaturen verhindern will. Da sind: ein Geschäftsführer, der beim Wahlforum der örtlichen Zeitung sagt, dass öffentliche Auftritte nicht sein Ding sind; ein Betriebswirt, der in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit 50 Bürger zu ihren Vorstellungen befragen will; ein Senior Consultant, der aus Zeitgründen noch nie eine Gemeinderatssitzung besucht hat. Und eine Handelsfachwirtin, die einem Scherz der Gemeinderäte beim Umzug zum Fränkischen Volksfest im September aufgesessen ist: Als „OB-Hunter“ haben die Volksvertreter Karten unter den Zuschauern verteilt und um Bewerbungen geworben. Motivation genug für die Crailsheimerin, als Letzte ihren Hut in den Ring zu werfen.

Verwaltungserfahrung hat keiner der Bewerber

Die größten Chancen auf den Rathaussessel werden Christoph Grimmer, Ulrich Seel und Jürgen Loga eingeräumt. Der promovierte Sportwissenschaftler und parteilose Grimmer, geboren in Crailsheim, ist politischer Berater der FDP-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft. Der Jurist Seel (CDU) leitete bisher das Berliner Büro des ausgeschiedenen Mannheimer CDU-Abgeordneten Egon Jüttner und wird als einziger Bewerber von einer Partei unterstützt. Der Kommunal- und Wirtschaftsberater Jürgen Loga aus Ellhofen hat als erster Kandidat den längsten Wahlkampf absolviert. Für eine Überraschung könnte der Crailsheimer Diplom-Betriebswirt Sebastian Klunker gut sein, der für die Allgemeine Wählervereinigung im Stadtrat sitzt und Abteilungsleiter bei den Crailsheim Merlins ist. Dass die Basketballer ihre Spiele in der zweiten Bundesliga mangels geeigneter Halle im benachbarten Ilshofen austragen müssen, schmerzt die Fans. Sie hoffen auf Klunker und eine Sporthalle in Crailsheim.

Mit gutem Gewissen kann man keinen wählen, schimpft ein Insider, es fehlen Bewerber mit Visionen und Verwaltungserfahrung. Beim zweiten Punkt ist Fachmann Brugger entschieden anderer Meinung. „Es kann sehr nützlich sein, über Fachkenntnisse zu verfügen. Es kann aber auch sehr nützlich sein, eine gewisse Distanz zu den Verwaltungsgeschäften zu haben“, sagt er, „wie so oft im Leben: Es kommt letztlich nicht darauf an, was man ist, sondern was man draus macht.“

Sollte keiner der zwölf Bewerber die absolute Mehrheit erreichen, wird es am 3. Dezember eine Neuwahl geben. Dann können, eine baden-württembergische Besonderheit, alle Kandidaten erneut antreten und auch ein neuer Kandidat kann einsteigen – dessen Erfolgschancen sind statistisch gesehen jedoch äußerst gering.