Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat einen der Betreiber des rechtsextremen Internetportals Altermedia zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Drei Frauen kamen mit Bewährungen davon.

Stuttgart - Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart hat einen 28-jährigen Informatiker aus dem Schwarzwald wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, wegen Rädelsführerschaft und Volksverhetzung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die zweite Hauptangeklagte, eine 49-jährige Callcenter-Mitarbeiterin aus Nordrhein-Westfalen, die mit dem Mann das rechtsradikale Internetportal Altermedia betrieben hatte, kam mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren davon, weil sie ein Geständnis abgelegt hatte. Zwei weitere 62 und 64 Jahre alte Frauen aus Berlin und Nürnberg wurden ebenfalls zu Bewährungsstrafen von acht und 15 Monaten verurteilt.

 

Rechte Hetze gegen Minderheiten

Das Neonazi-Portal, dessen Server sich in Russland befand, war 2016 abgeschaltet und verboten worden. Das Portal, das die beiden Hauptangeklagten seit 2012 betrieben, galt als die führende Webseite der rechtsradikalen Szene. Mehr als 7500 Mal wurde es pro Tag aufgerufen. Die Angeklagten stellten eigene Beiträge ins Netz oder schalteten Kommentare frei, in denen gegen Muslime, Ausländer, Juden, Sinti und Roma und alle möglichen anderen Minderheiten gehetzt wurde. Die Rede war von „Menschenmüll“ und von „abstoßendem Menschenmaterial“, von Moslems als „Nachgeburt der Menschheit“ und von „Kanakenabschaum“. Die Leugnung des Holocaust hatte einen festen Platz bei Altermedia. Die Judenvernichtung habe es nie gegeben, es handele sich um „sechs Millionen Märchen“.

„Bei derlei Kommentaren erübrige sich jedes Wort“, sagt Herbert Anderer, Vorsitzender Richter des 5. Strafsenats. Es handele sich um einen der wenigen Fälle, die ihn ratlos machten, so der erfahrene Richter. „Was bringt Menschen dazu?“, so Anderer, und: „Welche Schwäche muss einem Menschen innewohnen, um andere so zu schmähen?“ Der 28-Jährige aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis hatte vor Gericht gesagt, er habe eine Internetseite anbieten wollen, auf der „ein hoher Grad an Meinungsfreiheit“ herrsche. Als die Sprache auf besonders schlimme Hetzkommentare kam, hieß es von den Angeklagten, die müssten wohl „ungelesen durchgerutscht“ sein. Das sei durch etliche E-Mails widerlegt, so das Gericht. Der Bundesanwalt hatte für den Informatiker dreieinhalb Jahre beantragt. Das Portal Altermedia habe eine aggressive nationalsozialistische Propaganda verbreitet und habe dem nationalen Widerstand ein Forum bieten wollen, so der Generalbundesanwalt. Unter Aliasnamen wie Fliegerbombe, Nationalsozialist oder schlicht unter dem Pseudonym Reutlinger wurden Beiträge gepostet. Man solle die Jagdsaison auf Asylanten eröffnen, es handele sich um „widerliche Untermenschen“, um „Pestbeulen, Schmarotzer und Geschmeiß“. In den Konzentrationslagern der Nazis seien keine Unschuldigen getötet worden, sondern nur „asoziale Kriminelle“. Vergasungen habe es nie gegeben.

Ein Angeklagter ist zu krank für den Prozess

Ursprünglich war ein weiterer Mann als Mitbetreiber des Portals angeklagt gewesen. Der 54-Jährige lebt in Spanien und ließ mitteilen, er sei zu krank, um zu erscheinen. Sein Verfahren wurde abgetrennt. Der Mann soll ärztlich auf seine Verhandlungsfähigkeit untersucht werden.