Die Fußballerinnen des VfB Stuttgart fahren zum letzten Spiel der Oberliga-Hinrunde in den Mannheimer Stadtteil Neckarau – und gewinnen am Ende 2:1. So lief der Tag.

Digital Desk: Lotta Wellnitz (loz)

Sonntagmorgen kurz vor zehn Uhr: Während manche gemütlich beim Frühstück sitzen, stehen die Fußballerinnen des VfB Stuttgart schon am Sportplatz im Stuttgarter Stadtbezirk Obertürkheim bereit. Dort verstauen die Spielerinnen Sporttaschen, Netze mit Fußbällen und neongelbe Trainingsleibchen im Kofferraum eines Reisebusses. Dann hieven sie eine riesige Musikbox in den Innenraum des Busses und verteilen sich auf den Sitzen. „Sind alle da?“, fragt Trainer Heiko Gerber, fast geht seine Frage in der enormen Geräuschkulisse unter. Nach einem lauten „Jaaa“ aus der hinteren Reihe schließen sich die Türen, der Bus setzt sich in Bewegung.

 

Vor dem Team, das in der Oberliga Baden-Württemberg spielt, liegen rund 134 Kilometer. So weit ist es in den Mannheimer Stadtteil Neckarau, wo die VfB-Frauen ihr letztes Hinrundenspiel bestreiten. Gewinnen sie, winkt die Herbstmeisterschaft, und man ist dem Ziel Aufstieg einen Schritt näher. Mit 29 Punkten aus zwölf Spielen steht der VfB an der Tabellenspitze – bei neun Siegen, zwei Unentschieden und einer Niederlage ist die Stimmung im Bus entsprechend positiv.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir die drei Punkte mitnehmen“, sagt Stürmerin Sophie Gairing, die in der hintersten Reihe sitzt. „Unser Fokus muss darauf liegen, den letzten Ball vor dem Tor zu machen“, erklärt sie und tippt parallel auf ihr Handy. Sofort schallen weihnachtliche Klänge aus der großen Musikbox, die vor ihr steht. „Heute ist der erste Advent, das muss ich als Bus- und Kabinen-DJ natürlich beachten“, kommentiert sie ihre Musikwahl mit einem Grinsen im Gesicht. Die Stürmerin, die in der laufenden Saison bereits sieben Mal traf, macht auch eine Ansage: „Wenn wir Herbstmeister werden, wird die Rückfahrt unsere Party!“

Damit das passiert, muss gegen den Tabellensiebten aus Neckarau ein Sieg her. „Wir müssen defensiv kompakt stehen, gegen den Ball arbeiten und schnell umschalten “, sagt Coach Heiko Gerber, der mit dem Funktionsteam – heute bestehend aus Physiotherapeut, Zeugwart, Spielleiter und zwei Co-Trainern – ganz vorne im Bus sitzt. Er kann in Neckarau auf 18 Spielerinnen zurückgreifen, außerdem fahren einige Langzeitverletzte als Unterstützung mit.

Gegen 12.40 Uhr biegt der Reisebus auf das Sportgelände in Neckarau ein. Die Spielerinnen lade n ihre Taschen und anderes Fußballequipment aus und gehen in Richtung Kabine. Trainer Gerber hingegen bleibt noch kurz im Bus, tauscht sein schwarze s VfB-Shirt gegen ein graues ein. Warum? „Als ich das schwarze anhatte, haben wir zweimal unentschieden gespielt.“

Bei Sonnenschein, aber eisigen Temperaturen betreten die VfB-Spielerinnen kurze Zeit später den Kunstrasenplatz. Beim Aufwärmen ist es still, keine privaten Gespräche, kein Gelächter, volle Konzentration. Passübung, Torschuss, dazwischen Rufe von Gerber wie „Ja, weiter!“ oder „Mehr reden!“, am Ende Sprints.

Wie entschlossen das Team ist, das Spiel zu gewinnen, wird in der Kabine kurz vor Anpfiff klar. Alle stehen im Kreis, die Köpfe zusammen, die Arme über die Schultern der anderen gelegt. Dann die Ansprache von Gerber: „Das was ihr bisher geschafft habt, habt ihr als Gruppe geschafft. Ich wünsche mir, dass ihr jetzt mit Leidenschaft da raus geht und wir heute mit einem Sieg nach Hause fahren.“ Es folgt kollektives Händegeklatsche und ein lautes „Auf geht’s, VfB “.

Mehr Zuschauer als sonst in Neckarau

Als das Team mit dem roten Brustring aus der Kabine kommt, hat sich auch der Sportplatz gefüllt. Rund 90 Zuschauer sind da – mehr als sonst, wie Neckaraus Trainerin Lena Trentl sagt. Allerdings sind es noch lange nicht so viele wie beim Auswärtsspiel des VfB Anfang November gegen den SV Deggenhausertal im Bodensee-Hinterland. Damals kamen gut 500 Zuschauer. In Neckarau scheint der Name trotzdem etwas herzumachen, denn einige kamen nur wegen des VfB – wie etwa Friedhelm Rapp. Er wohnt in Mannheim, kommt ursprünglich aus Stuttgart und will auch das nächste Mal wieder zuschauen, wenn die VfB-Frauen in seiner Nähe spielen.

In der fünften Spielminute ist es auf einmal ruhig auf dem Sportplatz. Eckball für den VfB: Chiara-Michelle Marziniak legt sich den Ball zurecht, schießt – und zirkelt die Kugel direkt in den Torwinkel. Die VfB-Bank springt auf, Jubelschreie schallen über den Platz. Wenig später ist die Freude aber dahin, als Neckarau in der 30. Minute zum 1:1 trifft. „Auf geht’s, weitermachen“, muntert VfB-Coach Gerber sein Team auf.

Glückliches, aber erkämpftes Siegtor

Kurz darauf ist Halbzeit. Durchschnaufen, Kräfte sammeln, noch einmal alles geben – und das tut der VfB dann auch. Er kämpft, erspielt sich Chancen, macht aber auch Fehler und hat Glück, das Neckarau diese nicht ausnutzt. Es läuft schon die dritte Minute der Nachspielzeit, ein letztes Mal rennt der VfB an, Stürmerin Anja Selensky bekommt im Strafraum den Ball, umkurvt die gegnerische Torfrau, schießt den Ball noch im Fallen in Richtung Tor. Neckaraus Jule Riegler will klären, beförderte den Ball aber ins eigene Netz. Jetzt gibt es beim VfB kein Hal ten me hr, die Spielerinnen liegen sich in den Armen. 2:1 – das war’s, das Spiel ist aus. Die Herbstmeisterschaft sicher.

Das heißt: Die Rückfahrt wird eine Party, ganz wie es Bus- und Kabinen-DJ Sophie Gairing prophezeit hat. Was VfB-Coach Gerber dazu sagt? „Ich weiß, dass die Mädels feiern können, immer im Rahmen, aber schon mit Party- und Schlagermusik. Ich denke also, der Bus wird beben.“ Und das tat er dann auch.