Im Dezember wird der Katzenbergtunnel, ein wichtiges Teilstück der neuen Oberrheintrasse zwischen Efringenm-Kirchen und Bad Bellingen, in Betrieb genommen – doch zuvor muss am Samstag die Sicherheit getestet werden.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Bad Bellingen - Eben fährt der mit 300 Passagieren besetzte Intercity-Express in den Tunnel, da bricht in einem Wagen Feuer aus. Die Passagiere fliehen panisch in andere Wagen, der Zug bleibt nach einem Kurzschluss mitten im Tunnel stehen. Ein Horrorszenario, aber darauf muss man mit einem Rettungskonzept vorbereitet sein, schließlich sind schon schlimme Unfälle auf der Schiene passiert. Um in der Praxis auszutesten, was man am Grünen Tisch erarbeitet hat, hat die Deutsche Bahn AG am kommenden Samstag am neuen „Katzenbergtunnel“ eine groß angelegte Katastrophenschutzübung anberaumt. Der knapp neuneinhalb Kilometer lange Eisenbahntunnel zwischen Efringen-Kirchen und Bad Bellingen (Kreis Lörrach) ist das erste und ein wichtiges Kettenglied der neuen Oberrheintrasse zwischen Offenburg und Weil am Rhein. Es soll im Dezember in Betrieb genommen werden.

 

Doch bevor die Züge rollen und die kurvenreiche Strecke am Hang des Reblandes und den Kreidefelsen „Isteiner Klotz“ umgehen können, müssen rund 500 ehrenamtliche Helfer und Fachleute testen, ob die Alarmierungs- und Rettungspläne für den Ernstfall tauglich sind. Die Übung ist Voraussetzung für die Betriebsfreigabe im Dezember, zu der Bahn-Chef Rüdiger Grube anreisen wird. Polizei, Bundespolizei, Feuerwehr und Rettungsdienste werden im Einsatz sein, die Koordination ihrer Dienststellen mit denen der Bahn wird Gegenstand der Übung sein, genauso wie die Evakuierung der Passagiere und die Bergung von Verletzten. Alles wird fotografiert, gefilmt und danach ausgewertet.

Nach einer alternativen Strecke wird schon lange gesucht

Schon lange, spätestens seit dem Unglück von 1971, als bei Rheinweiler knapp über der Autobahn 5 der Schweiz-Express von Basel nach Kopenhagen entgleiste und 25 Menschen starben, wird nach einer alternativen Streckenführung gesucht. Die Planungen konzentrierten sich bald auf einen Tunnel, und 2005 bohrten sich die Maschinen „Inken“ und „Marion“ aus dem Hause der Herrenknecht Tunnelvortriebstechnik AG in die Schichten von Ton, Mergel und Kalkstein bis zu 110 Meter unterhalb der Gutedelreben des Markgräflerlands. Benannt wurden die riesigen Bohrer nach der damaligen Frau des CDU-Ministerpräsidenten Günter Oettinger und nach der SPD-Landtagsabgeordneten Marion Caspers-Merk aus Lörrach.

Acht Monate vor dem avisierten Zeitpunkt hatten die Tunnelbauer ihr Werk getan, die Bohrtechnik war so ausgestaltet, dass beim Vortrieb zugleich die Tunnelwände mit Betonteilen ausgekleidet wurden. Neuneinhalb Meter beträgt der Durchmesser der Röhren. Rohbau und Technik für die Schienenführung haben gut 610 Millionen Euro verschlungen. Der Katzenberg ist der drittlängste deutsche Eisenbahntunnel. Dank seiner neuartigen Schalltechnik wird der sogenannte Tunnelknall vermieden, den eine Druckwelle auslöst. Die Züge können mit immerhin 250 Stundenkilometern durch den Tunnel rasen. Die Fahrzeit der Personenzüge zwischen Basel und Freiburg verkürzt sich dadurch übrigens nur marginal um zwei Minuten. Erst später, wenn die gesamte Strecke durch Südbaden um zwei weitere Gleise erweitert und ausgebaut wurde, soll die Zeitersparnis 15 Minuten betragen.

Bahn will nur leise Güterzüge oberirdisch fahren lassen

Mittlerweile ist auch geklärt, welche Züge durch den Tunnel rollen werden. Die Bahn hätte die Röhren am liebsten nur für schnelle Personenzüge genutzt, die Anliegergemeinden würden die oberirdische alte Strecke nachts am liebsten sperren lassen. Das lehnt die Bahn ab, wie sie dem Bürgermeister des Kurortes Bad Bellingen kürzlich mitgeteilt hat. Man brauche die Strecke als Ausweichstrecke, zum Beispiel für sieben regelmäßig verkehrende Güterzüge mit Lastwagen der „Rollenden Landstraße“, die aus technischen Gründen nicht durch einen Tunnel fahren dürfen. Diese Güterzüge sind recht leise. Davon abgesehen, beteuert Hansjörg Hess, der Vorstand der DB Netz AG, würden alle anderen angemeldeten Güterzüge durch den Tunnel fahren. So, wie es die Kritiker wollten.