Der Oberste Gerichtshof von Brasilien hat das Verbot eines Netflix-Weihnachtsfilms wieder aufgehoben. Warum die Parodie mit einem schwulen Jesus nun doch erlaubt wird? Dazu gibt es einige wegweisende Worte der Richter.

Rio de Janeiro - (dpa/AP/red/epd) Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat das Verbot einer umstrittenen Jesus-Parodie nach nur einem Tag wieder aufgehoben. „Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Satire die Macht hat, die Werte des christlichen Glaubens zu untergraben, die mehr als 2000 Jahre alt und in der Überzeugung der Mehrheit der Brasilianer verwurzelt sind“, schrieb Gerichtspräsident José Antonio Dias Toffoli am Donnerstag, den 9. Januar 2020, in seiner Begründung.

 

Am Vortag hatte ein Gericht in Rio de Janeiro den Streamingdienst Netflix angewiesen, den Film „A Primeira Tentação de Cristo“ (Die erste Versuchung Christi) von der Satire-Gruppe Porta dos Fundos aus dem Programm nehmen. Damit gab es dem Antrag einer christlichen Gruppe auf eine einstweilige Verfügung statt, die durch den Film ihren Glauben geschmäht sah. Netflix legte daraufhin Beschwerde gegen das Urteil ein.

Brandbombe gegen kritische Filmautoren

In dem Kurzfilm kehrt Jesus an seinem 30. Geburtstag nach Hause zurück und deutet an, schwul zu sein. Religiöse Gruppen verdammten dies als Gotteslästerung. Eine Online-Petition sammelte Millionen Unterschriften für ein Verbot des Films. Dessen Macher verteidigten ihre Produktion indes als legitimen Ausdruck der Meinungsfreiheit. Politiker und Geistliche kritisierten den Film als Angriff auf den christlichen Glauben. Im Dezember wurde ein Brandanschlag auf die Büroräume von Porta dos Fundos verübt. Ein mutmaßliches Mitglied einer rechten Gruppe bekannte sich zu der Tat und setzte sich Medienberichten zufolge später nach Russland ab.

Im historisch-traditionell eigentlich katholischen Land Brasilien sind in jüngerer Zeit die evangelikal-protestantischen Freikirchen enorm angewachsen. Sie verfolgen ein gesellschaftlich repressives Programm und haben maßgeblich zur Wahl des rechts-populistischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro beigetragen, der seit genau einem Jahr im Amt ist.

Der Abgeordnete und Präsidentensohn Eduardo Bolsonaro nannte den Film „Müll“ und sagte, dass die Filmemacher nicht die brasilianische Gesellschaft repräsentierten. Im Kongress luden Parlamentarier die Verantwortlichen von Netflix ein, um „Erklärungen“ für diese Art von Humor zu bekommen. Die Gruppe ultra-evangelikaler Abgeordneten gehört zu den stärksten im brasilianischen Kongress.

Die Filmemacher von „Porta dos Fundos“ erhielten im vergangenen Jahr den Emmy für ihr Weihnachtsprogramm „Last Hangover“, in dem sich die zwölf Apostel nach einer Nacht voller Alkohol auf die Suche nach Jesus Christus begeben haben.