Handwerker und Betriebe am Westbahnhof sprechen sich gegen die Ansiedlung eines 5000 Quadratmeter großen Obi-Marktes aus. Sie wollen notfalls auch mit rechtlichen Mitteln dagegen vorgehen.

Stuttgart - Immer mehr Details kommen in Sachen Obi-Baumarkt ans Licht. Möglich, dass bald die Gerichte darüber entscheiden, ob sich im Gewerbegebiet Unter dem Birkenkopf ein 5000 Quadratmeter großer Markt ansiedeln darf. Denn Juristen haben jetzt die genehmigte Bauvoranfrage der Stadt zum Antrag eines Botnanger Immobilieninvestors als rechtswidrig eingestuft.

 

„Wir haben sehr auf Rechtssicherheit von Seiten der Stadtverwaltung gehofft“, sagt Gerd Kopf am Mittwoch. Er ist der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Hinterer Vogelsang, in der sich die Handwerker und Betriebe des betreffenden Gewerbegebiets zusammengeschlossen haben. „Wir sprechen uns grundsätzlich gegen den Obi-Neubau aus“, fügt er hinzu.

Wird mit zweierlei Maß gemessen?

Zur Erklärung: das Areal hinter dem Westbahnhof ist nach aktueller städtischer Planung als Gebiet für Handwerker und lokale Betriebe gedacht, die im dicht besiedelten Stuttgarter Westen sonst keinen Platz mehr finden. Einzelhandel soll nur in kleiner Form genehmigt werden. Entgegen dieser Ziele, wie sie auch im jüngsten Bebauungsplan, der im Januar 2012 aufgestellt wurde, formuliert sind, hat das Baurechtsamt die Voranfrage der Widerker-Gruppe genehmigt. Der Botnanger Investor will an Stelle des jetzigen, knapp 1000 Quadratmeter großen City-Baumarkt einen Obi-Neubau mit rund 5000 Quadratmetern Fläche realisieren. „Wir mussten in der Vergangenheit schon sehr viel hinnehmen und das hat das Fass absolut zum Überlaufen gebracht“, erklärt Kopf die Meinung der ansässigen Betriebe.

Bei der Interessengemeinschaft drängt sich der Verdacht auf, dass seitens der Verwaltung mit zweierlei Maß gemessen wird. „Wir haben im Sommer 2011 mit der Stadt gesprochen, denn wir wollten unseren Markt erweitern“, sagt Gunter Kemper, der Geschäftsführer des City-Baumarkts. Sein Betrieb steht auf dem Gelände, auf dem die Widerker-Gruppe den neuen Obi-Markt errichten will. „Uns wurde gesagt, wir dürften maximal eine zusätzliche Halle mit 800 Quadratmetern bauen und dort Pflanzen oder Baustoffe verkaufen“, erklärt Kemper. Er fügt an: „Da hat es uns sehr überrascht, dass die Stadt danach einen wesentlich größeren Neubau an selber Stelle genehmigt.“ Andere Mitglieder der Interessengemeinschaft gehen deutlich weiter: „Das riecht nach Vetterleswirtschaft“, sagt Karl-Heinz Knoll, der Geschäftsführer der Schrausi Schraubensicherungs GmbH.

Großflächiger Einzelhandel ist eigentlich ausgeschlossen

Die Interessengemeinschaft hat einen Anwalt beauftragt, sich der Sache anzunehmen. Der Jurist Steffen Waitzmann hält die von der Verwaltung erteilte Genehmigung der Bauvoranfrage für rechtswidrig. „In einem Gewerbegebiet ist großflächiger Einzelhandel nicht erlaubt“, sagt der Jurist, „die Grenze liegt üblicherweise bei 1200 Quadratmetern.“ Aus diesem Grund müsse die Stadt ihre Genehmigung zurückziehen.

Derzeit gilt für das Gewerbegebiet ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1998, denn der im Januar 2012 aufgestellte Plan ist noch nicht rechtskräftig. Die Stadt rechtfertigt ihr Vorgehen mit dem 15 Jahre alten Dokument. „Den haben unsere Juristen geprüft. Sie sagen, die Genehmigung war rechtmäßig“, betont Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD). Derzeit sei das endgültige Genehmigungsverfahren ausgesetzt, erklärt Hahn. Der Investor müsse noch Gutachten vorlegen, so der Bürgermeister. Es müsse klar sein, dass das geplante Sortiment nicht zentrenrelevant sei. „Das wird von Seiten der Stadt klar ausgeschlossen“, sagt Hahn. Das hat den Zweck, den Handel im Stadtbezirk und in der Innenstadt nicht zu gefährden.

Stadt will Stuttgarter Liste nicht aufweichen

Doch hier scheint der Investor andere Vorstellungen zu haben. „Widerker hat bei der Stadt am 21. Juni dieses Jahres einen Antrag auf Befreiung von der sogenannten Stuttgarter Liste gestellt“, erklärt der Anwalt Steffen Waitzmann. Den Eingang eines solchen Antrags kann Bürgermeister Hahn am Abend nicht mehr bestätigen. Er sagt jedoch klar: „Die Stuttgarter Liste wird nicht aufgeweicht. Ein solcher Antrag würde von uns nicht genehmigt.“